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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

die Aufführung der Mädchen: „Sie haben dem jungen Mann den Kopf verrückt,“ sagte er. Erst spät in der Nacht konnte ich schlafen, so lang lärmten diese jungen Mädchen fort. Der nächste Tag war Sonntag und die Erde schien einen Festtag zu feiern, so still und so hochzeitlich geschmückt zeigte sich die Natur. Die wilden jungen Mädchen wurden still und versammelten sich vor meiner Kajüte, deren Thüre gegen den Fluß hinaus offen stand. Sie waren offenbar in der Stimmung, Etwas Ernstes zu hören und zu denken. Der Friede des Festtages weilte über diesen Kindern. Und hätte irgend ein vom Himmel gesandter Sämann jetzt die Saat der Wahrheit und den Begriff vom höhern Leben in diese jungen Seelen ausgestreut, so wäre die Aussaat sicherlich in gute Erde gefallen. Ich glaube an die angeborne und innige Verwandtschaft der Weibernatur mit dem Höchsten, und es thut mir wehe, wenn ich sie wie hier verwildert sehe. Nicht als ob ich meinte, daß eine wilde Stunde in einem Menschenleben viel zu bedeuten habe, alles hängt von der Grundrichtung des Ganzen ab; aber überläßt man die Natur sich selbst, so wird daraus eine Wildniß, und die Wildniß in der Menschennatur ist weit weniger schön als die des Urwalds (und auch diese wäre nicht gut, um darin zu leben). Ein ordnender Geist der höheren Natur muß an den jungen Heiden Hand legen, um ihn vollkommen menschenwürdig und schön zu machen.

Väter und Mütter in der neuen jungen Welt scheinen das alte Sprichwort: Die Gewohnheit ist die zweite Natur, und das ebenso gute Sprichwort: Es ist leichter einen Bach zu stemmen als einen Fluß, nicht gehörig zu bedenken.

Heute Nacht wurden die jungen Mädchen da und dort bei den Plantagen, von wo Nachen und Schiffe kamen, um sie abzuholen, ausgesetzt, und von den Ufern

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/425&oldid=- (Version vom 2.4.2020)