Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/120

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

und überall stieß man auf angenehme Gegenstände, außer natürlich in den armen Narren selbst. Und gleichwohl auch in ihnen, denn man sieht in ihnen Gegenstände großer Barmherzigkeit, welche die schönsten Früchte trägt. Denn diese überall in den Vereinigten Staaten eingeführte Behandlungsmethode der Geisteskranken wirkt so wohlthätig, daß ihre Heilung zur Regel, ihre Unheilbarkeit zur Ausnahme gehört, wenn sie nämlich gleich zu Anfang der Krankheit in diese vortrefflichen Anstalten gebracht werden. Vom Irrenhause weg setzten wir unsere Fahrt auf das Land fort.

Auf dem Weg sprang unsere Wirthin häufig ganz lestement aus dem Wagen, bald um einen Korb mit Kuchen, bald um etwas anderes für ihre Haushaltung zu holen, bald um für mich und für Miß Lynch Blumensträuße zu kaufen. Endlich kamen wir bei der schönen[WS 1] Villa Forest Hill am Hudson an, wo wir einen großen Familienkreis versammelt fanden, und wo Mr. L., ein würdiger alter Gentleman und Quäcker, eben so still als seine Frau an Leib und Seele beweglich ist, uns zum Mittagessen erwartete, einem tüchtigen und delikaten Mahle, wie noch alle, denen ich hier zu Lande angewohnt habe. Abends hatten wir eine Gesellschaft von ungefähr 60 Personen. Sie war angenehmer als ich glaubte, und ermüdete mich weniger. Aber ach, was diese Amerikaner und besonders diese Amerikanerinnen fragen und fragen können! Meine heitere Wirthin (sie gleicht Amalie A., hat aber noch mehr Lebensgeister) erfrischte und belustigte mich wahrhaftig. Sie war so voll von ungekünsteltem, frischem Leben, so z. B. sang sie und zwar recht hübsch, aber in dem Lied kam eine Stelle vor, die ihr offenbar zu hoch war; als diese Stelle das nächstemal wieder kam, hielt sie plötzlich ein, just als wollten die Töne in ihrem Hals stecken bleiben, stand auf und verließ das Klavier so unbekümmert, als

hätte sie für sich allein gesungen, und begann mit einigen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: schönin
Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/120&oldid=- (Version vom 11.5.2019)