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ungewöhnlichen Gefangenschaft machte dann Plautsack zufällig die überraschende Entdeckung, daß der See von unten her einen Zufluß hatte. Der kleine Berliner, der sehr auf Reinlichkeit hielt, hatte schon einige Male in dem kühlen Wasser gebadet und dabei als guter Taucher auch die Tiefe des Wasserbeckens festzustellen versucht. Bei einem neuen Reinigungsbade fand er dann heraus, daß der Boden des Sees in der Mitte eine breite, unregelmäßig runde Öffnung hatte[1], die offenbar zu einer zweiten, unter der großen Halle gelegenen und völlig mit Wasser angefüllten Höhle hinabführte. Nur so war ja auch die Fischmenge des Teiches zu erklären, die trotz des reichlichen Fanges an jedem Tage nie abnahm. Die Fische ergänzten sich eben ohne Zweifel stets wieder aus dem tiefer gelegenen natürlichen Wasserbehälter.

Der Angelsport gab den Kameraden aber auch Gelegenheit zu allerlei wissenschaftlichen Erörterungen, so über die Frage, ob die Fische einen Geruchssinn besäßen. Blenkner, der recht belesen war, erklärte, daß die Zoologen dies schlangweg verneinen, daß aber doch allerlei Anzeichen dafür sprächen, daß die Fische doch „riechen“ könnten. Er machte die Freunde besonders auf den Umstand aufmerksam, daß die Höhlenfische, die ihnen so zahlreich an die Angel gingen, den Köder nicht sehen könnten, da ihnen brauchbare Sehorgane fehlten. Mithin müßten sie den Haken mit dem Köder auf andere Weise wahrnehmen. Und hier käme nur der Geruchssinn in Betracht, der fraglos bei den Höhlenfischen nach Ausschaltung des Gesichtsinnes doppelt gut ausgebildet sein dürfte, wie dies stets im Tierleben zu beobachten sei, wo eine bestimmte Gattung durch besondere Daseinsbedingungen zur Fortentwicklung


  1. Vorlage: hate
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W. Belka: Die Höhlen von Saint-Pierre. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_H%C3%B6hlen_von_Saint-Pierre.pdf/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)