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Gebrüder Ruppert in Elsterberg bei Greiz.
Mechanische Kammgarn-Weberei.

Noch bis vor 10 Jahren war Elsterberg ein Städtchen, welches sich auf unbedeutende landwirtschaftliche Beschäftigung und Hausindustrie beschränkte, deren es zur Herstellung von Materialien in der Gerberei, Mullhandweberei und auch etwas Stickerei bedurfte. Dies waren die einzigen Gewerbe, welche Elsterberg bis vor 10 Jahren betrieb. Es fehlte noch der unternehmende Geist des Großbetriebes, dessen Abhandensein sich auch in einer sehr langsamen Zunahme der Bevölkerungsziffer bekundete. Heute macht sich der Einfluß des Großbetriebes auch in dieser Beziehung geltend; denn Elsterberg, das vor 10 Jahren nur 3200 Einwohner zählte, weist heute eine Einwohnerzahl von 4500 auf.

Einen weit über seine frühere Bedeutung ehrenden Namen als industriereiche und gewerbefleißige Stadt des sächsischen Vogtlandes erhielt Elsterberg erst, nachdem die Inhaber der Firma Gebrüder Ruppert ihre bisher in Greiz betriebenen Webereien hierher verlegten und in Elsterberg die erste Dampfkesselanlage für mechanischen Betrieb errichteten (2 Cornwall-Kessel mit 135 qm Heizfläche und einer für Zwillingsanlage vorgesehenen 70pferdekräftigen Dampfmaschine mit Ventilsteuerung), wodurch Bahn für weitere industrielle Thätigkeit gebrochen war.

Heute zählt Elsterberg nicht weniger als 9 Dampfessen für ebensoviele gewerbliche Etablissements (darunter eine bedeutende Färberei, zwei Dampfschneidemühlen, Dampfbierbrauerei und Webereianlagen). Eine weitere Fabrikanlage wird noch in diesem Jahre hinzutreten.

Dieser rapide Aufschwung des industriellen Großbetriebes aber ist, wie schon erwähnt, lediglich dem anregenden Beispiele der mehrgenannten Firma Gebrüder Ruppert zu danken, welche sich unter der zielbewußten und thätigen Leitung ihrer Inhaber aus kleinen Anfängen und ungeachtet mancher Schwierigkeiten, die gerade ihr als bahnbrechenden Firma späterhin entgegentraten, zu ihrer jetzigen Bedeutung entwickelt hat.

Im Jahre 1877 gründeten die beiden Inhaber der Firma Ludwig und Ernst Ruppert, geborene Chemnitzer und auf der Handels- und höheren Webschule ihrer Vaterstadt theoretisch vorgebildet, nach einer langjährigen Thätigkeit in Greizer und brancheverwandten Betrieben Sachsens und Böhmens eine eigene mechanische Kammgarnweberei in Greiz i. V. (Reuß ält. L.) und zwar in einem Anbau der damaligen Heinrich Schlott’schen Buntfärberei und Blanchieranstalt (jetzt F. A. Jahn). Die Weberei bestand zur Seit der Gründung aus 78 Stühlen und befaßte sich ausschließlich mit der Fabrikation roher Kammgarnstoffe der Greiz-Geraer Branche, welche ihren Absatz an den beiden genannten Plätzen dieser Industrie fanden.

Die Reellität und Vorzüglichkeit der Fabrikate verschaffte der jungen Firma bald einen ausgebreiteten Kundenkreis und so erweiterte sich der Betrieb der Firma schnell durch Vergrößerung der ersten

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/348&oldid=- (Version vom 23.2.2020)