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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 16. 1896.

Photographieren nach Roentgen. Im Anschluß an unsere früheren Mitteilungen über die Entdeckung der Roentgenstrahlen und deren praktische Verwertung bringen wir heute die Ansicht eines Laboratoriums, in welchem gerade eine photographische Aufnahme nach Roentgen gemacht wird. Auf dem Tische links erblicken wir einen Induktionsapparat, von dem der Strom zu einer Hittorffschen oder Crookesschen Röhre durch Leitungsdrähte hinübergeht. Unter der Röhre liegt eine gewöhnliche Kassette, in der sich eine lichtempfindliche Platte befindet. Die Dame, deren Hand photographiert werden soll, legt dieselbe einfach auf die geschlossene Kassette unter die Röhre. Läßt man nun den Apparat in Thätigkeit treten, so erstrahlt die Röhre in phosphoreszierendem Lichte, die Roentgenstrahlen dringen durch die Weichteile der Hand sowie durch das Holz, und auf der Platte kommt der Eindruck eines Schattenbildes des Knochengerüstes zustande. In gleicher Weise können kleinere Tiere und andere Gegenstände photographiert werden, indem man sie zwischen die Röhre und die Kassette bringt. Diese Art photographischer Aufnahmen wird am hellen Tage oder bei Gasbeleuchtung ausgeführt, da ja die gewöhnlichen Lichtstrahlen die schützende Masse der Kassette nicht durchdringen können. Die Entdeckung Roentgens gab Anlaß zu vielen Versuchen. Es hat sich dabei gezeigt, daß die Roentgenstrahlen nicht nur von den Crookesschen Röhren ausgehen, sondern auch unter anderen Bedingungen entstehen können. Man hat sie im Licht der elektrischen Glühlampe sowie im Licht der Auergasbrenner nachgewiesen, auch sollen sie Begleiter aller Phosphorescenzerscheinungen sein.

Die photographische Aufnahme einer Hand mittels der Roentgenstrahlen.
Nach dem Leben gezeichnet von E. Thiel.

Sehr merkwürdige Versuche wurden ferner von Ludwig Tormin in Düsseldorf angestellt, der von der Ueberzeugung durchdrungen ist, daß sein Körper besondere magnetische Kräfte besitzt, die, wie Mesmer und Reichenbach es lehrten, durch die Fingerspitzen ausströmen. Unter anderen veranstaltete Tormin nun auch folgende Probe: In dem Deckel der Kassette wurde ein Kreuz ausgeschnitten, alsdann legte man in dieselbe, natürlich im Dunkeln, eine lichtempfindliche Platte ein, steckte die Kassette in einen Kasten und schob dessen Holzdeckel fest zu. Nun stemmte Tormin während 45 Minuten die Fingerspitzen der rechten Hand gegen den Deckel des Kastens. Bei der nachfolgenden „Entwickelung“ der Platte zeigte sich auf ihr das Bild des kreuzförmigen Ausschnitts. Dieser und andere ähnliche Versuche haben wohl bewiesen, daß von der Hand des Experimentators Strahlen ausgegangen sein müssen, die weder Licht- noch Wärmestrahlen sind. Ob diese Strahlen gleichfalls Roentgenstrahlen sind, können erst weitere Versuche lehren, deren Fortsetzung dringend erwünscht erscheint.

Ein interessanter Wettkampf fand in Amerika vor kurzem auf Anlaß der Verwaltung der Baltimore- und Ohiobahn zwischen einer elektrischen und einer Dampflokomotive statt. Seit längerer Zeit schon bezwecken die amerikanischen Techniker eine Erweiterung des elektrischen Eisenbahnbetriebes in der Richtung hin, daß sie nicht nur städtische Bahnen oder kürzere Gelegenheitsstrecken, wie Bergbahnen u. s. w., sondern auch große Fernbahnen erster Klasse durch Elektricität zu betreiben versuchen. Sie sind sogar hierbei von dem ursprünglichen Grundprinzip der elektrischen Bahnen, wonach jeder Wagen seinen eigenen Motor erhält, ganz abgewichen und bauen große elektrische Lokomotiven, welche lange und sehr schwere Wagenzüge mit der größten Geschwindigkeit befördern sollen. Diesen elektrischen Rennern werden viele gute Eigenschaften nachgerühmt, besonders aber ihre große Zugkraft bei verhältnismäßig geringem Gewicht. Die Zugkraft einer Lokomotive, von welcher neben ihrem schnellen und sicheren Anziehen beim Beginn der Fahrt besonders ihre Leistung auf Strecken mit starker Steigung abhängt, beruht nämlich weder auf ihrer Kraft noch auf ihrer Schwere allein, sondern auf einer eigentümlichen Mischung beider Eigenschaften. Der elektrischen Lokomotive soll nun hinsichtlich dieses Punktes eine besondere Leistungsfähigkeit eigen sein, und um praktisch zu erfahren, ob die Elektriker oder ihre Gegner recht hätten, wurde der folgende Wettstreit ins Werk gesetzt. Eine Dampflokomotive der schwersten Gattung und eine der neuerbauten elektrischen Lokomotiven wurden zusammengekuppelt, mit der Weisung, daß beim Anfahren die eine vorwärts, die andere rückwärts ziehen solle. Die Dampflokomotive war bald auf Volldruck gebracht, die elektrische ist stets zum Abgehen fertig, und beim Kommando gaben beide volle Kraft. Nicht lange, so half dem gewaltigen Dampfwagen weder sein Schnauben, noch das verzweifelte Drehen seiner Räder, die kleine und geräuschlose Gegnerin erwies sich ihm überlegen und schleifte den prustenden Riesen zur Freude der beteiligten Elektriker und aller Freunde des elektrischen Betriebes im Triumphe davon. Die große Dampflokomotive hatte an sich zweifellos mehr Kraft, aber die Vereinigung der vier kräftigen Motoren der elektrischen Maschine erwies sich in Hinsicht auf die Zugleistung doch wirksamer. Bw.     

„Das Museum“ nennt sich ein neues, im Verlag von W. Spemann in Berlin und Stuttgart erscheinendes Unternehmen, welches sich die Aufgabe gestellt hat, die Meisterwerke der bildenden Künste aus allen Epochen der Kunstgeschichte dem Verständnis kunstsinniger Laien näher zu bringen. Das vorliegende erste Heft (jährlich sollen deren zwanzig erscheinen) gibt in geschmackvoller Ausstattung treffliche Reproduktionen von Werken alter und neuer Kunst, welche durch namhafte Kunstschriftsteller kurz und gut erläutert werden. Das Ziel des neuen Unternehmens, „Freunde zu werben für die Werke bildender Kunst, das Verständnis neuer und älterer Kunstauffassung zu fördern“, ist ein durchaus empfehlenswertes. K.     


Hauswirtschaftliches.

Porzellankitt. Kleinere Schäden an den Küchenschüsseln, welche die Hausfrau fast jedesmal, wenn sie die Küchenschränke revidiert, vorfindet, ohne daß der dienende Geist „eine Ahnung hat“, wie die Sachen zerbrochen und abgestoßen worden sind, lassen sich von ihr leicht kitten, und zwar am sichersten und erfolgreichsten durch den einfachen „Käsekitt“, der gerade für Glas und Porzellan vorzüglicher als alle anderen Kitte ist. Man rechnet auf 100 g frischen Käse 20 bis 25 g gelöschten Kalk. Dabei ist nur zu beachten, daß der Kitt erst unmittelbar vor seiner Verwendung durch Mischen von Käse mit Kalk zubereitet wird, da er außerordentlich rasch erstarrt und dann zum Kitten unbrauchbar wird. Man streicht von dem Kitt etwas zwischen die Bruchstellen, drückt dieselben darauf fest zusammen und umbindet den zerbrochenen Gegenstand, so daß er nicht auseinanderfallen kann, bis der Kitt starr ist. L. H.     


An unsere Leser.

 manicula0Um den praktischen Interessen der Familie zu dienen, haben wir in dem Anzeigenteil der „Gartenlaube“ eine besondere Rubrik, den „Kleinen Vermittler“, eingeführt. In denselben werden Anzeigen, welche Stellengesuche und Stellenangebote, Unterricht und Pensionatswesen betreffen, Inserate über Kauf und Verkauf von Grundstücken, sowie überhaupt Ankündigungen aus dem täglichen Kleinverkehr zu besonders ermäßigtem Insertionspreise aufgenommen. Das Wort in gewöhnlicher Schrift kostet 15 Pf., in fetter Schrift 20 Pf. Wir empfehlen den „Kleinen Vermittler“ der freundlichen Beachtung unserer Leser. Die Anzeigen sind an die Annoncen-Expedition von Rudolf Mosse in Leipzig, Berlin oder deren Filialen, also nicht an den unterzeichneten Verlag, zu richten. Der Verlag der „Gartenlaube“.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 276a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0276_a.jpg&oldid=- (Version vom 4.5.2024)