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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

und Verhältnisse auch Sonneck nur sehr oberflächlich unterrichtet zu sein scheint, und der nichts auf der Welt besitzt, kann doch füglich nicht ernst genommen werden in dieser Hinsicht. Ich habe ihn um Sonnecks willen in meinem Hause empfangen und ihm damit die Kreise der hiesigen Gesellschaft geöffnet. Ich will hoffen, daß seine Wünsche nicht höher fliegen, sonst wäre ich genötigt, ihn an die Schranken zu erinnern, die ihm gezogen sind.“

Francis sah mit Genugthuung, daß seine Warnung die beabsichtigte Wirkung hatte, und dabei ließ er es vorläufig bewenden. Das Hetzen und Wühlen war seine Sache nicht, dazu dünkte er sich zu vornehm. Er hielt es mir für notwendig, den „kecken Glücksritter“ unschädlich zu machen, und das schien erreicht zu sein. Herr von Osmar war in der That bedenklich geworden, wenn er es auch nicht für gut fand, es einzugestehen.

„Uebrigens brauchen wir uns darum keine Sorge zu machen,“ begann er wieder. „Es ist ganz überflüssig, so viel Worte zu verlieren um einer Sache willen, die sich von selbst erledigt, auch wenn es sich wirklich um eine flüchtige romantische Laune meiner Tochter handeln sollte. Der Verkehr, der Sie so beunruhigt, nimmt jetzt ein Ende, denn wir gehen schon in der nächsten Woche nach Luksor, auf meine dortige Besitzung.“

„Wie, Sie wollen Kairo verlassen?“

„Jawohl, ich habe mich etwas überarbeitet in der letzten Zeit und spüre jetzt doch die Folgen. Doktor Walter rät mir dringend, mich für einige Wochen von den Geschäften wie von der Geselligkeit zurückzuziehen, deshalb wurde die Reise beschlossen. Ich will dort meine angegriffenen Nerven wieder einigermaßen in Ordnung bringen, und wenn wir zurückkehren, sind Sonneck und Ehrwald längst fort. Ihnen aber, Mylord, möchte ich Gelegenheit geben, Ihre Werbung selbst anzubringen. Wollen Sie unser Gast in Luksor sein?“

Lord Marwood erhob sich in offenbar sehr angenehmer Ueberraschung. „Das bedarf keiner Frage, ich bin Ihnen sehr dankbar für die Einladung.“

„Und das übrige ist dann Ihre Sache,“ ergänzte der Konsul lächelnd. „Aber einen Rat möchte ich Ihnen noch geben – lassen Sie sich Zeit mit Ihrer Erklärung. Sie werden ja nun täglich Gelegenheit haben, meine Tochter zu sehen und zu sprechen, aber ich wiederhole es Ihnen, Zenaide will gewonnen sein! Sprechen Sie das entscheidende Wort nicht eher, als bis Sie Ihrer Sache sicher sind. Was ich thun kann, Ihnen den Weg zu ebnen, soll geschehen.“

Er reichte dem jungen Lord die Hand, die dieser mit ungewohnter Lebhaftigkeit ergriff. Es war eine Bundesgenossenschaft, die dieser Händedruck besiegelte, und die beiden Herren schienen gleich befriedigt davon.

Als Herr von Osmar allein war, klingelte er und fragte nach seiner Tochter. Der Diener berichtete ihm, das gnädige Fräulein sei vor einer Stunde ausgefahren, mit den Herren von Sonneck und Ehrwald. Die Stirn des Konsuls faltete sich, obgleich er sich erinnerte, daß die Ausfahrt gestern verabredet worden war. Sonneck hatte in irgend einer alten verfallenen Moschee etwas Interessantes entdeckt, das er der jungen Dame zeigen wollte, und Osmar, der sehr wenig Sinn für arabische Bauten und Inschriften hatte, war ganz einverstanden damit, wenn man ihm mir nicht zumutete, mitzukommen. Aber Reinhart Ehrwald war auch dabei, wie immer! Wenn er wirklich verwegene Hoffnungen und Pläne hegte, wie Lord Marwood angedeutet hatte, an Gelegenheit fehlte es ihm nicht!

Der Konsul begann unruhig auf und nieder zu gehen. Jetzt, wo er aufmerksam gemacht worden war, kam ihm manches in Erinnerung, was er früher nicht beachtet hatte. Dieser Ehrwald mit seinem feurigen, lebensprühenden Wesen hatte etwas Bestrickendes, das ließ sich nicht leugnen, er glich so gar nicht den anderen jungen Männern und Osmar kannte am besten die Vorliebe seiner Tochter für das Ungewöhnliche. Die Sache war vielleicht doch nicht so ganz ungefährlich und im Hinblick darauf gewann die Werbung des jungen Lords eine erhöhte Bedeutung für den Vater. Begünstigt hätte er sie auch ohnehin, denn es war zweifellos eine Partie ersten Ranges und eine erste Rolle, die Zenaide als Lady Marwood in der englischen Gesellschaft spielen würde. Jetzt aber trat vielleicht noch die Notwendigkeit ein, durch eine standesgemäße Heirat einer etwaigen Thorheit vorzubeugen, und das war entscheidend für den Konsul. Er beschloß, seine ganze väterliche Autorität dafür einzusetzen. (Fortsetzung folgt.)


Kieler Sprotten und Bücklinge.

Von Georg Hoffmann. Mit Abbildungen von H. Haase.

Die Zeiten sind heute vorüber, in denen die Produkte der Kieler Fischräucherkammern es so ziemlich allein waren, welche den Deutschen im Binnenlande hin und wieder unter willkommenem Gaumenkitzel an die Existenz der stammverwandten Holstenstadt an der Ostsee erinnerten. Denn zum Vorort der deutschen Reichsmarine erhoben, ist die Stadt der Sprotten und Bücklinge zum wertvollen nationalen Besitz geworden, und dazu hat das letzte Jahr mit dem glanzvollen Akt der Eröffnung des Kaiser Wilhelm-Kanals auch den Namen Kiels auf immer in die Annalen internationaler Kultur- und Verkehrsgeschichte eingetragen.

Auf dem Heringsfang bei Kiel.

Indessen durch solche Vergünstigungen hat die Anwohnerschaft des deutschen Reichskriegshafens in der Ausübung praktischer Lebensgewohnheiten und nahrhafter Erwerbsthätigkeiten alten Herkommens sich keineswegs beirren lassen. Im Gegenteil! Den Bedürfnissen der erstaunlich schnell angewachsenen Bevölkerung Rechnung tragend, treibt man Handel und Schiffahrt kraftvoller als vor einem Vierteljahrhundert; energischer übt der Fischer von Ellerbek, Möltenort und Laboe sein schwieriges Handwerk, um, von der Konkurrenz gedrängt, ergiebige Fänge zu erzielen, und mächtig qualmen jahraus jahrein über den Räucherherden am Föhrde-Ufer Schlote und Strohdachfirste, damit die wachsende Nachfrage nach den goldglänzend geschwelten, schmackhaften Bewohnern der Ostsee Deckung finde. Gerade der Export und die Fabrikation von Fischräucherwaren haben in den letzten Jahren einen außerordentlichen Aufschwung genommen; mehr und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0042.jpg&oldid=- (Version vom 10.7.2023)