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Das Galvanisieren.

In einer Lampenfabrik, wie die hier beschriebene, sind etwa 250 Arbeiter ständig beschäftigt, welche im Jahr ungefähr 1 000 000 Brenner fertigstellen, die allerdings zum Theil als solche in den Engrosverkehr kommen. Man rechnet, daß etwa 10000 Menschen in Berlin in der Petroleumlampen-Fabrikation ihr Brot verdienen, doch ist die Zahl keine genaue, da die Grenzen dieses Beschäftigungszweiges nicht scharf abzustecken sind. Berlin besitzt etwa zwanzig solcher Fabriken, unter denen die Firma Schuster und Baer und die bereits früher genannten beiden ältesten Anwesen die nahmhaftesten sein dürften. Dann folgt eine Reihe solcher, die nur Lampentheile, entweder Brenner und Messingtheile oder nur Lampenfüße und -körper, anfertigen, endlich solche, die alle Bestandtheile kaufen und nur eine eigene Lackiererei haben oder endlich bei den zahlreichen selbständigen sogenannten „Blech-Lackierermeistern“ lackieren lassen.

Mehrere hundert Firmen bezeichnen sich selbst als Inhaber von Lampenfabriken. Nach ganz mäßiger Schätzung verlassen jährlich zehn bis zwölf Millionen Rundbrenner Berlin. Zu jedem dieser Brenner gehört doch, wenn er seinen Daseinszweck erfüllen soll, endlich einmal eine Lampe und ein Käufer. Man denke, welch eine Fluth von Helle sich damit entfesseln läßt, wieviele Stätten emsiger Arbeit und traulicher Behaglichkeit aus dieser Quelle ihr Licht schöpfen!


Neunzig Jahre Männermode.

Von Cornelius Gurlitt. Mit Zeichnungen von O. Seyffert.
I.

Wenn nach Jahrhunderten die Besucher eines Ahnensaales an den Bilderreihen dahinwandeln, so wird ihr Auge gewiß nachdenklich auf den Werken des 19. Jahrhunderts ruhen. Sie werden zwar, die Reihe der Frauen überschauend, finden, daß diese nicht wesentlich von früheren Zeiten sich unterscheiden: sie tragen veränderten Schnitt der Kleider, aber die alten Stoffe, farbenreiche Seiden und Sammte, Atlas und bunte Wollenstoffe, Brokate und bestickte Bahnen, zierliche Bänder und Spitzen, reiches Geschmeide am Hals, im Ohr, an den Armen. Es lebt in ihnen der alte Schmucksinn, vom Federnhut herab bis zu der mit Schnallen oder Rüschen verzierten Schuhspitze, ein Sinn der Festlichkeit, der Lebenslust, des Drangs nach dem Schönen, und zugleich ein liebenswürdiges Mitgefühl für die Welt: denn „wenn die Rose selbst sich schmückt, schmückt sie auch den Garten.“

1817.

1802.

Daneben stehen aber die Männer des 19. Jahrhunderts: in schwarzem Frack, schwarzer Weste, schwarzen Beinkleidern, schwarzem hohen Hut, schwarzen Schuhen; dazu weiße Wäsche, weiße Handschuhe – also ohne die geringste Farbe, in wahrem Leichenbittergewande. Und doch: dieser hat ein schmales buntes Band im Knopfloch, jener ein breites und einen Stern mit Brillanten auf der Brust. Endlich Farbe, endlich wenigstens etwas Gold: denn die Brustnadel, die Uhrkette, der Siegelring, das sind alles Kleinigkeiten, welche auf die Gesammterscheinung fast ohne Einfluß sind. Wo sind die Zeiten hin, da der Landsknecht in modefroher Laune alle möglichen Farben auf sich häufte, da der Hofmann in zierlichem Reichthum mit den Frauen wetteiferte, da der seidene, gestickte Frack, die Beinkleider aus gepreßtem Sammet, die reichen Degengehänge, die Berlocke und glänzenden Metallknöpfe noch zur Erscheinung des Mannes von Welt gehörten?

1840.

Freilich, da steht ja im Ahnensaal auch ein Mann unserer Zeit in buntem Kleid! Der blaue Rock hat einen wie mit dem Lineal abgerissenen steifen rothen Kragen und ähnliche Aermelaufschläge, eine schnurgerade Linie blanker Metallknöpfe, eine Anzahl schmaler und breiter Streifen hier und dort, die aber alle streng senkrecht oder wagerecht verlaufen, nicht erfunden sind, um einen Mann zu schmücken, sondern einer langen Reihe von Männern den Eindruck einer unerschütterlichen Einheit zu geben. Es ist ein Soldat. Bunt ist der freilich genug; aber die Farbentöne sind nicht von ihm und für ihn gewählt.

Sie haben dieselbe Eigenschaft wie der bunte Schmuck der Civilisten: der König, der Staat, eine öffentliche Autorität gab dem Manne, was ihn schmückt.

Diese allein sind Herren über alles Farbige, sie können durch ein Machtwort uns die erschrecklichsten Farbenzusammenstellungen begehrenswerth machen, sie allein brechen den farbenstumpfen Sinn der Männerwelt und reißen sie aus der ertötenden Eintönigkeit heraus.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1892, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_030.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2023)