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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Ausstellung Gelegenheit geben, sich vom Unterschied durch Kosten selbst zu überzeugen. Der Bereitung billiger Volksnahrung, der Herstellung von Fischspeisen als Volksnahrungsmittel wird wieder ein besonderer Zeitabschnitt gewidmet werden.

Ebenso soll die freiwillige Krankenpflege praktisch geübt werden und eine starke Abtheilung von Felddiakonen in ihren vorschriftsmäßigen Uniformen dauernd in der Ausstellung anwesend sein. Auch eine Sanitätswache wird nicht fehlen und täglich werden Vorträge über die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen gehalten werden.

Mit großem Sachverständniß hat das Komitee der Ausstellung bei der Ausarbeitung des Planes einigen wichtigen Tagesfragen eine besonders bevorzugte Stellung angewiesen.

So wird z. B. eine internationale Brotausstellung angestrebt, damit gerade dem wichtigsten Nahrungsmittel die vollste Beachtung geschenkt werde. Da auch das Bäckergewerbe unter dem Drucke der immer weitere Ausdehnung annehmenden Fälschung zu leiden hat, sollen, um den Unterschied dieser Surrogate im Gegensatz zu anderen Fabrikaten genau zu kennzeichnen, neben den aus guten Stoffen bereiteten auch solche von Surrogaten hergestellt werden.

Eine besondere Gruppe in der Ausstellung ist für die Fische vorbehalten. Auch hierin wird das Richtige getroffen. Der Nahrungswerth des Fischfleisches wurde zu lange unterschätzt. Außerdem fehlten uns für die billigeren Seefische Versandvorkehrungen, sodaß man wegen des hohen Preises im Binnenlande nur eine Auswahl von Fischsorten auf der Tafel Hochgestellter und Bemittelter antraf. In der letzten Zeit hat sich in dieser Beziehung vieles geändert. Der Staat unterstützt die Hochseefischerei, es ist für bequeme und rasche Beförderung der frischen Ware Sorge getragen worden, die verschiedensten Fischsorten sind bereits zu billigen Preisen auf unseren Märken vertreten, und so muß man durch Beispiel und Belehrung immer mehr dahin wirken, den Fisch zum Volksnahrungsmittel zu machen. Entsprechend den Zielen der Ausstellung soll bei diesem wichtigen Nahrungsmittelzweige auch auf andere Gesichtspunkte Rücksicht genommen werden, so z. B., welche konservierten Fische für die Armee im Felde und in der belagerten Festung als Nahrung sich empfehlen.

Beachtenswerth ist eine andere Aufgabe, die in der Gruppe „Armeebedarf“ behandelt werden soll und für deren Lösung ebenfalls ein Preis ausgeschrieben worden ist: die Versorgung der Truppen mit gutem Trinkwasser. Die Frage verdient um somehr in den Vordergrund gestellt zu werden, wenn man berücksichtigt, welchen Einfluß das Wasser, insbesondere das Trinkwasser, aus den fast täglich seinen Aufenthalt wechselnden Soldaten ausübt und wie manche Massenerkrankung auf den schädlichen Einfluß des Trinkwassers zurückzuführen ist. Wenn nun auch die Versorgung mit gleichmäßig gutem Wasser unter diesen Verhältnissen eine nicht zu lösende Aufgabe bleiben wird, so dürfte doch ein Präparat, welches in gleichen Verhältnissen jedem Wasser beigemengt werden kann, demselben einen annähernd einheitlichen Charakter verleihen. Dieses Verfahren würde die oft in dem Wasser ungleich auftretenden mineralischen Bestandtheile ebenso wie die schädlichen organischen Beimengungen und die durch dieselben bedingten verschiedenen Einflüsse auf den menschlichen Körper wesentlich ausgleichen. In dieser Gruppe werden auch Filterapparate und Reagentien für Wasseruntersuchungen vorgeführt, wie sie im Felde Verwendung finden.

Wir schließen hiermit die Reihe der Beispiele aus der Fülle der Aufgaben, welche die Leipziger Ausstellung zu lösen oder der Lösung näher zu bringen beabsichtigt. Das Gesagte dürfte genügen, um den Leser in den Geist der Ausstellung einzuführen. Die Kochkunst gilt in ihr als Anziehungsstück für die große Masse Schaulustiger; denn das Komitee will auch einen Ueberschuß erzielen, um denselben gemeinnützigen Vereinen überweisen zu können. Soweit sich bereits jetzt übersehen läßt, wird das hohe Ziel dank der regen Betheiligung des In- und Auslandes erreicht werden. Gilt es doch, durch diese Ausstellung die Bestrebungen zu fördern, welche darauf gerichtet sind, des Volkes Wohlfahrt im Frieden zu mehren und die Härten des rauhen Krieges zu mildern. C. Falkenhorst.     


Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Das Aluminium.

Item hat’s einen Stein secundi ordinis, das klein magisterium, auch weiße Tinctura genannt, allwelcher die wunderliche Krafft hat, eine materiam, wo kein Sylber darinnen ist, in pur rein Sylber zu verwandeln.“ Dieser zweite Lehrsatz der alchimistischen Träumereien hat durch die neuere Chemie in gewisser Hinsicht seine Bestätigung gefunden. Vor uns liegt, metallisch und silberglänzend, dargestellt aus der weißen Tinktura, das „Silber aus Lehm“. Freilich, Silber ist’s nicht, sondern das heute so viel genannte, dem Silber täuschend ähnliche Aluminium, das sich dem Aussehen nach von dem Silber nur durch einen ins Blaue spielenden Farbenton unterscheidet. Seine hervorragende Eigenschaft ist jedoch das geringe Eigengewicht, welches es vor allen andern beständigen Metallen voraus hat.

Das Aluminium gehört zu den auf der Erde am weitesten verbreiteten Stoffen, thatsächlich finden wir es überall „auf der Straße“; in jedem Stück Ackererde, im Lehm und Thon ist es enthalten, ferner im Feldspath, im Schmirgel, im Alaun und in einer Menge anderer Mineralien. Einige der letzteren gehören sogar zur besseren Gesellschaft, denn es zählen darunter der Rubin, Turmalin, Saphir, Granat und Corund.

Freilich merkt man diesen strahlenden Steinen ihre Verwandtschaft mit dem verachteten Erdenklos nicht an. Noch weniger wird man vermuthen, daß sie das undurchsichtige Metall Aluminium enthalten; ebensowenig wie man es dem Kochsalze unserer Hausfrauen ansieht, daß es – in ähnlicher Weise – aus einem silberähnlichen Metalle, dem Natrium, und dem giftigen, zerstörenden Gase, dem Chlor, besteht.

Die chemische Freundschaft, welche das Aluminium mit verschiedenen Stoffen geschlossen hat, um die genannten Verbindungen zu bilden, ist eine so innige, daß es der ganzen List des Chemikers bedurfte, um diese Freundschaft zu trennen und das Aluminium für sich abzuscheiden. Dies Kunststück gelang zuerst im Jahre 1827 dem Göttinger Professer Wöhler. Dieser stellte zunächst durch Ausscheidung anderer Stoffe eine Verbindung von Aluminium mit Chlor dar, brachte das pulverförmige Gemenge mit dem vorhin erwähnten metallischen Natrium zusammen und glühte das Gemisch mit Kohlenpulver. Seine Vermuthung, daß das Natrium alles Chlor an sich reißen und das Aluminium als Metall ausscheiden würde, fand Wöhler bestätigt. Allmählich gelang es ihm auch, das anfänglich nur in sehr feinen Kügelchen ausgeschiedene Alumimum zu größern Stücken zu vereinigen.

Nachdem so die Möglichkeit der Darstellung des metallischen Aluminiums erwiesen war, bemühte sich in den fünfziger Jahren der französische Gelehrte Saint-Claire Deville, eine fabrikmäßige Gewinnung desselben ausfindig zu machen. Unter reichlicher Unterstützung des Kaisers Napoleon III., der seine Gardekürassiere mit Aluminiumpanzern zu bekleiden hoffte, erreichte er es wirklich, in der Anlage zu Juvelle Aluminium in größeren Mengen darzustellen. Allein der Preis des Fabrikates, der sich auf 2000 Franken für das Kilo stellte, gestattete keine weitgehende Verwendung. Die hohen Kosten aber entstanden aus dem zu diesem Verfahren erforderlichen Natrium, von welchem das Kilo etwa auf 300 Franken zu stehen kam. Da aber zu 1 Kilo Aluminium etwa 3 Kilo Natrium verwendet wurden, so ist der Gesammtpreis wohl erklärlich.

Zwar machten Netto, Castner und Webster Fortschritte in der Richtung auf eine billigere Gewinnung, indem sie leichter zu verarbeitende Verbindungen des Aluminiums wählten und auch verbesserte Oefen anwandten; doch wurde dadurch an den bisherigen Verhältnissen wenig geändert.

Die große Wendung in der Aluminiumfabrikation, die es ermöglichte, das Kilo des Metalls nunmehr zu 8 Mark (nach der neuesten uns vom Neuhausener Aluminiumwerke zugegangenen Nachricht sogar zu 5 Mark) herzustellen, wurde erst dadurch angebahnt, daß Héroult das zuerst von Bunsen im kleinen ausgeführte elektrolytische Verfahren an die Stelle des bisherigen rein chemischen setzte und für das Großgewerbe ausbildete. Die wunderbare Kraft der Elektricität, die imstande ist, das Wasser in seine Elemente Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen, ist auch geeignet, den Thon in seine Bestandtheile zu trennen. Wenn es denselben mit Millionen von Schwingungen in der Sekunde durchzittert, so scheidet sich auch der metallische Theil aus dem Thone ab. Gleichzeitig liefert der elektrische Strom auch die Wärme, welche das Rohmaterial zur Gewinnung des Aluminiums zum Schmelzen bringt, sodaß es in großen Stücken gewonnen wird.

Die hervorragendste Fabrik zur Darstellung des Aluminiums ist zur Zeit diejenige der Aluminium-Industrie-Aktien-Gesellschaft in Neuhausen in der Schweiz. Die zum Betriebe erforderliche Kraft liefert der Schaffhausener Rheinfall, dem die Gesellschaft in der Sekunde 20000 Liter Wasser entnehmen darf, die bei einem Falle von 20 Metern Höhe gegen 4000 Pferdekraft liefern können. Von dieser Kraft wird zur Zeit etwa die Hälfte von Turbinen aufgenommen und durch Dynamomaschinen in elektrische Energie verwandelt. Die erzeugte Elektricitätsmenge scheidet geheimnißvoll in aller Stille täglich 800 Kilo Aluminium aus. Das einzige Geräusch, welches bei dieser Arbeit entsteht, ist das sanfte Schnurren der umgehenden Dynamomaschinen und das Schleifen der Drahtbürste auf den Kupferringen.

In der Neuanlage zu Neuhausen befinden sich zwei größere und eine kleinere Dynamomaschine, die von je einer Turbine von 600 bezw. 300 Pferdekraft betrieben werden.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 887. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_887.jpg&oldid=- (Version vom 31.8.2023)