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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Stahlblöcken losgehauenen Späne dienen und auch die Hand des Arbeiters schützen. Daneben sind Handleder zum Schutz beim Hantieren mit scharfkantigen Eisenblechen und Handleder für Träger von Roheisen, an einer anderen Stelle Gummihandschuhe ausgestellt. Von Antwerpen kommt ein Lederhandschuh mit Eisenblechbekleidung; unwillkürlich denken wir dabei an die Fehdehandschuhe der alten Ritter, und wir werden gewahr, daß die Ausstellung ein Arsenal von Rüstungsstücken birgt, das nicht minder merkwürdig ist als ein waffenglänzendes Zeughaus und wie dieses ein Zeitalter zu kennzeichnen vermag.

Rauchhaube.

Es sind auch Fußschienen da: Schienbein- und Fußschienen aus Leder und Holz oder Eisenblech für Walzwerksarbeiter, Gamaschen aus Asbest für Feuerarbeiter. Es giebt Betriebe, in denen der Arbeiter sozusagen gepanzert auftreten muß, und auch der neue Ritter der Arbeit hat seine Helme und Sturmhauben, mit denen er die feindlichen Elemente abwehrt.

Wir wissen ja, wie sehr in manchen Fabriken durch Staub, Gase und Dämpfe die Luft verschlechtert wird. Die Ausstellung ist reich mit Ventilatoren beschickt, welche die schlechte Luft und den Staub aus den Fabrikräumen absaugen und ihnen frische Luft zuführen sollen. Aber die Ventilationsanlagen genügen nicht immer; es giebt Betriebe, in denen die Arbeiter trotz der besten Ventilationsanlage dennoch der Lebensgefahr oder dem Siechthum ausgesetzt sein würden, wenn sie die betreffenden Räume ohne besondere Schutzvorrichtungen betreten wollten. Die moderne Industrie muß trotzdem ebenso wie die Feuerwehr in Räume eindringen, die mit giftigen Gasen erfüllt sind, und sie thut es, indem sie die Arbeiter mit Rauchhauben und Vorrichtungen zum Athmen ausstattet. Es ist ein erfreulicher Fortschritt, daß diese „Athmungsschutzvorrichtungen“ jetzt in so großer Vollkommenheit hergestellt werden, daß sie ohne Beschwerden bei der Arbeit benutzt werden können. Wer die Räume des Hygieine-Museums durchwandert, der kann solche vermummte Gestalten, Masken, wie deren zwei auf unserer Abbildung S. 525 kameradschaftlich nebeneinander stehen, finden. Fast abenteuerlich sehen die Figuren mit ihren Hauben, Brillen, Respiratoren und Signalpfeifen aus.

Die beste Uebersicht über die mannigfaltige Verwendung dieser Vorrichtungen bieten uns in der Ausstellung drei an lebensgroßen Figuren vorgeführte Apparate von Bernhard Loeb jr. in Berlin; der erste, eine Rauchhaube, verdient um so mehr unsere Aufmerksamkeit, als er auf den Kriegsschiffen der kaiserlich deutschen Marine eingeführt ist und so an dem Schutze des „schwimmenden Territoriums“ des Deutschen Reiches mitwirkt.

Diese obenstehend abgebildete Rauchhaube besteht aus einem besonders starken Hut f, welcher inwendig mit kreuzweis übereinander gespannten elastischen Bändern versehen ist, vermöge welcher derselbe auf dem Kopfe des Trägers aufliegt. An der Krempe des Hutes ist hinter einem beweglichen Gitter von Messing e ein mit sehr praktischer Wischvorrichtung versehenes Fenster angebracht, durch welches der Träger der Rauchhaube die außen befindlichen Gegenstände erkennen kann. Unterhalb dieses Fensters ist das messingene Ventilgehäuse c angeordnet und damit eine Röhre b in Verbindung gebracht, welche mit Lagen von trockener Watte, Glycerinwatte und Knochenkohle gefüllt ist. Außerdem werden sowohl unterhalb dieser Röhre (in dem Schwammkasten bei a) als auch innerhalb der Rauchhaube beim Gebrauch feuchte Schwämme eingelegt.

Durch den Riemen g, welcher an der hinteren Hutkrempe befestigt ist, sowie durch den mit ihm in Verbindung stehenden Leibriemen wird die Rauchhaube in ihrer senkrechten Stellung festgehalten. Das an dem Hute angebrachte Schultertuch h dichtet, durch Bänder um den Hals zusammengezogen, den Kopf gegen äußere Einwirkungen vollständig ab. Bei F ist das an dem Leibgurte befestigte Leitseil bemerkbar.

Respirator.

Mit einer derartigen Haube versehen, kann man nun Räume betreten, welche mit Rauch und Qualm ganz erfüllt sind, was ganz besonders beim Ausbruch eines Schiffsbrandes zur Aufsuchung des noch unbekannten Herdes des entstandenen Feuers von größter Wichtigkeit ist. – Mit dieser Rauchhaube kann man jedoch nur solche Räume betreten, in denen die atmosphärische Luft nur zum Theil mit schädlichen Gasen vermengt ist, indem durch den Respirator die schädlichen Beimengungen zurückgehalten werden und die gereinigte Luft in die Lunge gelangt. Es giebt aber Räume, die erfahrungsgemäß ganz und gar mit giftigen und unathembaren Gasen, die in kürzester Zeit tödlich wirken, erfüllt sind. Um diese zu betreten, wendet man einen „Respirator“ an. Derselbe besteht aus einer die Augen luftdicht umschließenden Schutzbrille mit Wischvorrichtung 6, aus einem Nasenklemmer, aus dem Athmungsgehäuse 1, aus dem elastischen Schlauche 2 und aus dem Filter 3, welcher mit dem Leibriemen 4 in Verbindung steht. An diesen Filter ist der Schlauch 5 angeschraubt, dessen Ende beim Arbeiten ins Freie reicht. Bei einer Schlauchlänge bis zu 30 Metern kann sich der Träger eines solchen Apparates einfach durch Mundathmung die Luft selbst zuführen, bei größerer Entfernung wird ihm die Luft zugepumpt.

Schließlich führen wir unsern Lesern noch eine Athmungsvorrichtung vor, die unter anderen in dem chemischen Laboratorium von Friedrich Krupp in Essen benutzt wird. Schutzbrille und Athmungsgehäuse sind dieselben wie bei dem vorherbeschriebenen Modell. Der Luftreinigungsapparat besteht aus einem Kasten, woran außen eine Röhre r angebracht ist zur Aufnahme von trockenen Füllungen. Innerhalb des Kastens ist ein Behälter, der je nach Verwendung entweder mit Wasser oder einer alkalischen event. sauren Lösung angefüllt wird, so daß bei Anwendung dieses Apparates die Luft erst eine trockene Füllung durchschneidet und dann durch eine Flüssigkeitssäule gezogen wird, wodurch schädliche Gase und Dämpfe neutralisirt oder gebunden werden. –

Respirator für chemische Laboratorien.

Zu allen diesen beschriebenen Apparaten gehört noch die schon erwähnte Signalpfeife, ein Ballon aus Kautschuk, in welchen oben eine Zinnpfeife eingesetzt ist. Im Augenblicke der Noth braucht der Träger des betreffenden Apparates nur mit der Hand den Ballon zu drücken, um sofort durch einen durchdringenden hellen Pfiff ein Signal nach außen hin geben zu können.

Der Nutzen dieser Apparate beschränkt sich jedoch keineswegs auf große Fabrikbetriebe. Jedermann hat von den Unfällen gehört, welche so oft durch Einathmung schädlicher Luftarten entstehen. In Kellern, in denen neuer Wein oder Bier gährt, bedroht den Arbeiter die Kohlensäure; ebendasselbe trifft oft für alte Brunnen zu; hier gesellen sich noch Grubengas und Schwefelwasserstoffgas zu der Kohlensäure; auf die Gefahr, der man schließlich beim Räumen von Senkgruben und Abzugskanälen ausgesetzt ist, brauchen wir nicht besonders aufmerksam zu machen.

Sind in solchen Räumen Menschen verunglückt, so ist die Rettung derselben wiederum mit Gefahr verbunden. Der Retter muß darauf achten, daß er selbst nicht verunglückt, denn in den allerseltensten Fällen sind solche Athmungsschützer zur Hand. Gewöhnlich vergeudet man die Zeit mit der sogenannten „Lichtprobe“,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_526.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)