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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Universal-Inhalations-Apparate. Die Inhalationskuren sind so allgemein bekannt, daß eine nähere Beschreibung derselben selbst dem Laien wesentlich Neues nicht bieten würde. Sie beruhen auf dem Einathmen zerstäubter Flüssigkeiten, deren Zusammensetzung je nach der Verordnung des Arztes eine verschiedene ist. In neuester Zeit gewann die Anwendung derselben eine außerordentliche Verbreitung. In einigen Bädern sind Inhalatorien errichtet worden, und der Zudrang zu denselben ist so groß, daß z. B. in Ems allein während eines Monats im Laufe des vorigen Jahres über 10 000 Inhalationen verabreicht wurden. Aehnliche Anstalten werden jetzt auch in Großstädten gegründet, und die Zahl der Kranken, welche zu Hause inhaliren, läßt sich nach dem großen Verbrauch der kleineren Inhalationsapparate beurtheilen, deren Fabrikation zu einer Specialität geworden ist.

Hand in Hand mit dieser Verbreitung der Inhalationskuren ging auch die Verbesserung der Apparate. Die populärsten dürften noch bis heute die kleinen mit Dampf betriebenen Apparate sein. Weniger bekannt im großen Publikum sind die neueren, bei welchen der Luftdruck die treibende Kraft bildet. Sie ähneln in ihrer Konstruktion jenen Zerstäubern, die mit einem Gummiballon ausgestattet sind und in vielen Haushaltungen zur Erfrischung der Luft, zu Toilettenzwecken und zum Besprengen von Blumen benutzt werden. Sie haben vor anderen Systemen den Vorzug, daß mit ihnen auch kühle Inhalationen verabreicht werden können, was in vielen Fällen sehr erwünscht ist. Außerdem arbeiten sie viel sicherer. Der Patient kommt bei ihrer Anwendung äußerst selten in die unangenehme Lage, daß der Inhalationsapparat „nicht geht“, das heißt die Flüssigkeit nicht zerstäubt. Wer jemals sich der zerbrechlichen Glasröhrenapparate bedienen mußte, kann von diesem Uebelstande berichten. Manche Inhalationskur wurde einfach wegen der Unzuverlässigkeit des Apparates aufgegeben.

Die meisten dieser Uebelstände sind bei den neueren Apparaten beseitigt. Dieselben sind zumeist mit drehbaren Zerstäubungsspitzen versehen, bieten dadurch Gelegenheit, jede einzelne Partie des Rachens zu besprengen, und können auch als Nasendouche dienen. Hervorragendes auf dem Gebiete dieser Fabrikation hat schon seit Jahren der Ingenieur August Göbel in Bad Ems geleistet, und an demselben Kurorte hat neuerdings der Badedirektor Quehl das System der mit Luftdruck betriebenen Zerstäuber durch einige Neuerungen erweitert und den Vertrieb derselben Karl Heyer in Gießen übergeben. Da heut zu Tage in den Großstädten, deren ungesunde Atmosphäre die Entstehung von Halsleiden so sehr begünstigt, zahlreiche Inhalationskuren verordnet werden müssen, dürfte dieser kurze Hinweis auf die jüngsten Fortschritte in der Fabrikation der Zerstäubungsapparate Vielen willkommen sein.

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Beim Erdbeersammeln. (Mit Illustration S. 465.) Zu den lieblichsten Früchten, die uns allsommerlich Garten und Wald spenden, gehört unstreitig die Erdbeere. Unscheinbar zieht die Walderdbeere an geschützten Waldrändern ihre zahlreichen Ranken, immer nur die sonnigsten Plätzchen zum Wohnort nehmend. Aus ihrem dunkelgrünen Laube leuchten die duftenden Früchte hervor, so roth, als ob’s Rubinen wären, und übertreffen an Süßigkeit und Wohlgeruch alle ihre vornehmen Schwestern, die in den Gärten prunken. Darum ist die Walderdbeere eine geschätzte Frucht und wird von Gebirgsbewohnern mit Fleiß gesucht und zu Markte gebracht, zumal die leichte Arbeit des Einsammelns auch von Kindern besorgt werden kann, die damit ihren Eltern eine wesentliche Unterstützung gewähren. Denn viele arme Familien „des Waldes“ sind in dieser Zeit einzig auf den Ertrag des Erdbeersuchens angewiesen.

An freundlichen Sommernachmittagen wird es lebendig im grünen Waldgehege, und emsig sammelt Groß und Klein die zuckersüßen Beeren in kleine Gefäße, „Einschütter“ genannt, die dann in zierliche Weidenkörbchen geleert werden. Wie schallt’s so hell und frisch aus frohem Kindermund, wenn alle Gefäße gefüllt sind:

„Alles voll, Alles voll,
Nun dem Munde seinen Zoll!“

Allein diese bescheidenen Verhältnisse des Erdbeersammelns gestalten sich wesentlich anders, wenn man sein Augenmerk auf die großartigen Kulturen dieser Pflanze in der Garten- und Landwirthschaft richtet. Die vorzüglichen, hauptsächlich aber der Gesundheit förderlichen Eigenschaften der Walderdbeere, auf die schon ein Linné hinwies, waren der Grund, daß man sie aus der stillen Waldeseinsamkeit hervorsuchte und in den Gärten einbürgerte, wo sie durch sorgsame Pflege in vielen Spielarten gezogen wird und außerordentlich große Früchte trägt. Ja sogar der verständige Landwirth wendet dieser Fruchtgattung in neuerer Zeit seine Aufmerksamkeit zu und das mit Recht. Denn wenn z. B. ein Züchter berechnet, daß ihm seine ein Hektar große Erdbeerpflanzung in einem Jahre cirka 9000 Liter Früchte bringt, die ihm eine Einnahme (1 Liter = 35 Pfg. Durchschnittspreis) von 3150 Mark und nach Abzug aller Unkosten einen Reingewinn von 2000 Mark verschaffen, so ist das andern Feld- und Gartenfrüchten gegenüber ein sehr zufriedenstellendes Resultat.

In England und Amerika wird die Erdbeerkultur noch großartiger betrieben. Dort findet man Hunderte von Hektaren mit Erdbeeren bepflanzt, und es kommt vor, daß ein einziger Züchter zur Erntezeit 200 bis 300 Personen mit dem Pflücken beschäftigt und daß ganze Eisenbahnzüge, mit Erdbeeren beladen, nach den großen Absatzplätzen befördert werden.

Mögen aber auch die Erdbeerriesen mit ihren glänzenden Namen großes Aufsehen erregen: immer bleibt die liebliche Walderdbeere in ihrem poetischen Reiz die schönste ihres Geschlechtes.

Unschuldig Verurtheilte. Immer von Neuem drängt sich uns die Frage auf, ob der Staat nicht die Pflicht hat, unschuldig Verurtheilte, soweit das möglich ist, zu entschädigen: denn eine volle Entschädigung für die Kümmernisse, den Schreck, die schuldlos erduldete Schmach, für alle diese das Gemüth herabstimmenden, herzkränkenden Wirkungen eines Mißgriffs der Justiz kann es ja nicht geben. Daß aber für all dies Herzeleid wenigstens eine materielle Sühne unerläßlich ist: darüber sollten doch die gesetzgebenden Gewalten nicht mehr verschiedener Ansicht sein. Die Humanität und jedes menschliche Gefühl verlangen dies.

Wir haben erst vor kurzem in Nr. 21 einen größeren Aufsatz: „Die irrende Justiz und ihre Sühne“ von Fr. Helbig gebracht, in welchem die Freisprechung des früher wegen Mordes verurtheilten Dienstknechtes Loth nach abermaliger Verhandlung vor dem Geschwornengericht eingehend erörtert wurde. Und jetzt brachten die Blätter die Nachricht, daß der Samenhändler und Barbier Ziethen aus Elberfeld unschuldig wegen Mordes zum Tode verurtheilt worden und der einzige Zeuge, welcher bekundete, gesehen zu haben, wie Ziethen seine Frau erschlug, der Barbiergeselle August Wilhelm, jetzt selbst der That geständig sei. Dann hätte Ziethen Recht gehabt, als er stets seine Unschuld betheuerte und erklärte, es sei an ihm ein Justizmord begangen worden. Jedenfalls ist die Untersuchung in der Ziethen’schen Affaire wieder aufgenommen worden, gleichzeitig wird Wilhelm der Proceß gemacht. Bestätigt sich die Schuld des letzteren, so werden die Gegner der Todesstrafe neues Kapital aus diesen Vorgängen schlagen; denn nur die Verurtheilung zum Zuchthause schloß ja dann in beiden Fällen einen krassen Justizmord aus. Ueber das ganze, oft rührende Detail des Ziethen’schen Processes haben die Zeitungen eingehend berichtet: wir wollten aber nicht die Gelegenheit versäumen, bei diesem Anlaß abermals für ein unveräußerliches Recht, die Entschädigung der unschuldig Verurtheilten, zu plaidiren.

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Ein Hutten-Sickingen-Denkmal. Auf der Ebernburg, wo Ulrich von Hutten einst bei seinem Freunde Franz von Sickingen Zuflucht fand, auf jener „Herberge der Gerechtigkeit“, soll den beiden tapfern Vorkämpfern der großen Reformbewegung, welche muthig und unermüdlich bestrebt waren, die ganze Nation aufzurütteln und in neue Bahnen zu führen, ein Doppeldenkmal errichtet werden. Das vortrefflich gelungene Modell zu dem Standbilde ist in dem rühmlich bekannten Atelier von Karl Caur in Kreuznach vollendet worden unter Beirath und Beihilfe hervorragender deutscher Bildhauer; die Ausführung erfolgt unter Leitung des Professors Albert Wolff. Beiträge zu dem Kostenaufwand von 90- bis 100 000 Mark werden von dem Hutten-Sickingen-Komité in Kreuznach oder vom Bankhaus S. Bleichröder in Berlin entgegen genommen.

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Schach.
Von Josef Pospíšil in Prag.

SCHWARZ

WEISS

Weiß zieht an und setzt mit dem vierten Zuge matt.
Auflösung der Schach-Aufgabe auf S. 436.
Weiß: Schwarz:
1. D e 2 – c 2 a 7 – a 6 !
2. S f 7 – d 6 Zugzwang.
3. D resp. S setzt matt.

Varianten: a) 1. … c 6 – c 5, 2. D c 2 – d 2 † etc. – b) 1. … K d 4 – d 5 :, 2. D c 2 – d 3 † etc. – c) 1. … K d 4 – e 3, 2. L h 2 – c 5 etc. – Auf 1. … c 6 – d 5 : setzt 2. L h 2 – g 1 gleich matt.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Abonnent in Jehnsbach und A. K. in G. Das 1838 bis 1841 von Gottfried Semper erbaute Dresdener Hoftheater brannte am 21. September 1869 nieder; das jetzige Hoftheater wurde unter Leitung Manfred Semper’s errichtet (1871 bis 1878). Der Zuschauerraum desselben faßt 2000 Personen. – Das Berliner Opernhaus wurde 1843 durch einen Brand stark beschädigt; das dortige Schauspielhaus ist an Stelle des 1817 abgebrannten früheren in den Jahren 1819 bis 1821 von Schinkel errichtet worden.

Vogel, Simmering. Wenden Sie sich an das Direktorat der betreffenden Schule, das Ihnen gern Auskunft geben wird.


Inhalt: Der lange Holländer. Novelle von Rudolph Lindau (Fortsetzung). S. 453. – Am Postschalter. Praktische Winke für Jedermann. S. 456. – Entdeckungsfahrten des deutschen Dampfers „Samoa“. V. Längs der vorher unbekannten Nordostküste. a. Von Vulkan-Insel bis Berlinhafen. Für die „Gartenlaube“ mitgetheilt von Dr. O. Finsch (Bremen). S. 460. Mit Illustrationen S. 457, 460, 461 und 462. – Magdalena. Von Arnold Kasten (Fortsetzung). S. 462. – Das erste Jahr im neuen Haushalt. Eine Geschichte in Briefen. Von R. Artaria. VII. 2. S. 467. – Blätter und Blüthen: Eine Lehrerbildungsanstalt für den deutschen Handfertigkeitsunterricht. S. 467. – Das Gutzkow-Denkmal in Dresden. S. 467. – Der Latona-Brunnen auf Herrenwörth. S. 467. Mit Illustration S. 453. – Universal-Inhalations-Apparate. S. 468. – Beim Erdbeersammeln. S. 468. Mit Illustration S. 465. – Unschuldig Verurtheilte. S. 468. – Ein Hutten-Sickingen-Denkmal. S. 468. – Schach. S. 468. – Auflösung der Schach-Aufgabe auf S. 436. S. 468. – Kleiner Briefkasten. S. 468.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_468.jpg&oldid=- (Version vom 15.7.2023)