Seite:Die Gartenlaube (1887) 369.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

No. 23.   1887.
      Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 2½ Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig oder jährlich in 14 Heften à 50 Pf. oder 28 Halbheften à 25 Pf.



Götzendienst.

Roman von Alexander Baron v. Roberts.
(Fortsetzung.)
17.0 „Monsieur le baron.“

Eff sprang von seiner Arbeit auf. Draußen im Korridor unterhandelte Baptist anscheinend mit einer Ordonnanz: das Tuscheln und Flüstern störte den Hauptmann.

„Baptist!“ rief er ärgerlich durch die Thür.

Der Lothringer stürzte in seinem Eifer herzu, das ganze Gesicht leuchtend wie immer, einen Brief und das Briefquittungsbuch in der Hand.

„’err ’Aup …!“

Er sparte eben so an dem Hauptmannstitel, wie er an dem Lieutenant gespart.

„Es ist ein Brief angekommen, der nicht richtig adressirt ist, ’err ’Aup …!“

„Gieb her!“

Der Brief war „An den königlichen Hauptmann im großen Generalstabe Herrn Freiherrn Trutz von Gamlingen zu Trachenberg“ adressirt. Eff riß ihn auf, seine Finger zitterten vor Erregung. Es war der Auszug aus der Gesuchsliste, ganz lakonisch, als handelte es sich um irgend ein Flitterding eines ausländischen Ordens: „Eff, Hauptmann etc., wird durch Allerhöchste Kabinettsordre die Erlaubniß ertheilt, den Namen seines Adoptivvaters, des Oberstlieutenants z. D. Freiherrn etc., zu führen.“

Kein Wunder, daß die Beiden da draußen im Zweifel gewesen, ob der Brief richtig adressirt war, obgleich der Expedient vorsichtig den alten Namen Eff in Blei auf der Ecke des Kouverts notirt hatte. Der Hauptmann öffnete das Quittungsbuch, um seinen Namen einzutragen Seinen Namen? Er stutzte vor der betreffenden Rubrik, dann reckte er sich in einem Trotz heraus, setzte die Feder an und warf mit seiner sonst so deutlichen Schrift etwas hin, das alles Mögliche, vielleicht auch „von Gamlingen“ bedeuten konnte. Er ward roth dabei; ein paar Augenblicke starrte er die Schrift an, und als er gleich darauf die runden, stets verwunderten Glotzaugen seines Burschen von rückwärts auf sich gerichtet fühlte, überfiel ihn eine ganz dumme, lächerliche Scham.

Baptist entfernte sich mit dem Buch. Nach einigen Schritten, die der neue Freiherr im Zimmer auf- und niederstürmte, rief er jenen nochmals. Und ohne ihn anzusehen, den Kopf in ein Papier versenkt, warf er in einem seltsam strengen Ton, den er sonst nicht ohne besonderen Grund hervorkehrte, die Anweisung hin:

„Ich werde von nun an von Gamlingen heißen – Trutz von Gamlingen.“

Der Bursche blieb regungslos.

„Nun?!“ fuhr der Hauptmann auf.

Baptist staunte mit seinen dümmsten und weitesten Augen, und ein ungläubiges Lächeln zog seinen Mund in die Länge, daß die gesunden und kräftigen Zahnreihen sichtbar wurden.

„Kauft Spän’!“0 Nach dem Oelgemälde von C. M. Seyppel.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_369.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2021)