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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Die Elektricität im Kleinen. Die Verwendung der Elektricität für technische Zwecke gewinnt eine unerwartet rasche Ausbreitung. Namentlich auf dem Gebiete der elektrischen Beleuchtung sind äußerst interessante und wichtige Thatsachen zu verzeichnen. Bis jetzt waren wir gewohnt, die Großstädte als Vorkämpferinnen des Fortschritts anzusehen, und die Annahme war auch allgemein verbreitet, daß das elektrische Licht in diesen zunächst seine glänzenden Triumphe feiern und erst von dort aus sich über die kleinen Städte und das platte Land verbreiten werde. Während jedoch die Centralbeleuchtung der Großstädte vermittelst der Elektricität, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch in den Kinderschuhen steckt, wußten bereits einige ganz kleine Ortschaften die neue Erfindung zu ihrem Nutzen zu verwenden. Die Stadt Darkehmen[WS 1], in welcher bis jetzt nur Petroleum brannte und für welche die Anlage einer Gasanstalt zu kostspielig erschien, beleuchtet seit Kurzem ihre Straßen mit elektrischen Bogenlampen und hat in einigen ihrer Fabrikanstalten das elektrische Glühlicht aufzuweisen. Die neue Beleuchtung stellt sich billiger als Gas, da die zur Erzeugung des lichtspendenden Stromes nöthige Kraft durch Turbinen geliefert wird, welche im Wasser aufgestellt sind. Einer ähnlichen Einrichtung erfreut sich das Städtchen La Roche sur Foron[WS 2] in Savoyen. Dort wird das elektrische Licht gegen ein bestimmtes Abonnement, wie anderwärts das Gas, ins Haus geliefert. Auch in diesem Städtchen konnte die Gemeinde die Kosten zur Errichtung einer Gasanstalt nicht erschwingen. Die Prophezeiung, daß durch die elektromotorischen Maschinen die zahllosen Wasserkräfte, welche in allen Ländern zum größten Theil unberücksichtigt geblieben sind, allgemein verwerthet werden, geht also in erfreulichster Weise in Erfüllung, und der Tag dürfte nicht mehr fern sein, wo auch die Kraft des Windes ausgenutzt wird und wir die überraschende Kunde erhalten, daß entlegene Dörfer und Weiler stromloser Gebiete Dank der Errichtung einiger Windmotoren elektrisch beleuchtet werden.

Andererseits suchen die scharfsinnigen Erfinder und Patentjäger der Neuzeit auch in den einfachen Privathäusern, Hôtels, kleineren Anstalten etc. der Elektricität zum Sieg zu verhelfen. Das Kapitel „die Elektricität im Haushalt“ wird in den großen Jahrbüchern der Kulturfortschritte immer umfangreicher, und wir sind in der Lage, von Zeit zu Zeit einige „Erfindungen“ zu verzeichnen, die von praktischem und dauerndem Werth sind. Das Meiste beruht allerdings noch auf nutzloser Spielerei oder übertriebener Reklame. Aber wie die elektrischen Klingeln sich eines guten Erfolgs rühmen können, so werden mit der Zeit auch andere elektrische Apparate sich in den Privathäusern einbürgern. In der Uebergangszeit, wo noch Gas gebrannt wird, werden diese Rolle z. B. die elektrischen Gasanzünder spielen. Dieselben waren schon seit Jahren in Gebrauch; sie hatten aber sämmtlich den Fehler, daß die kleinen galvanischen Batterien, welche in denselben enthalten waren, sich sehr rasch erschöpften und ihre Erneuerung nicht unerhebliche Kosten verursachte. Jetzt wurde durch Clarke die Reibungselektricität an Stelle der galvanischen Batterien gesetzt, und seine Apparate, die auch in Deutschland im Handel zu haben sind, sind fast unverwüstlich. Mit diesen Gasanzündern kann man täglich tausend Gasflammen anstecken, ohne die Elektricität auch nur im Geringsten zu erschöpfen. – Das Telephon, welches im Verkehr die größte Verbreitung erlangt und die Feuerprobe längst bestanden hat, soll gleichfalls in den Dienst der Hausfrau gestellt werden. H. Hannemann in Berlin konstruirt zu diesem Zwecke kleine Telephone, die er „Berliner Konversationskapsel“ nennt, und welche es der Hausfrau möglich machen sollen, von jedem Zimmer der Wohnung mit dem Mädchen in der Küche sprechen zu können. Ob die Dienstmädchen auch immer das hören und verstehen werden, was das Telephon so leise flüstert? Ueberlassen wir der Zukunft die Beantwortung dieser Frage! Gegenwärtig wissen wir ja, daß die kleinen Telephone in Gasthäusern und Pensionaten immer mehr Aufnahme finden und dort Zeit und Lauferei ersparen. Die Elektricität, im großen Maßstabe angewandt, wirkt technische Wunder; aber als echte Zauberin vermag sie auch im Kleinen dem Menschen Nutzen zu bringen. Den Erfindern steht somit in dieser Beziehung noch ein weites Feld offen. *

Auf Posten. (Mit Illustration S. 25.) Zum ersten Mal vielleicht stand er draußen, der junge Grenadier, dessen schlanke, hochgewachsene Gestalt den Schönen seines Dorfes nicht weniger in die Augen stach, als den Werbern des großen Kurfürsten, die ihn schließlich gewaltsam daraus entführt hatten. Wenn er früher einmal auf Posten gestanden, so war’s unter dem Fenster der Liebsten in kühler Mondnacht, so war’s im leichten Bauernwams, eine schwanke Gerte in der Hand. Heute aber haben sie ihn um die Mittagszeit eines heißen Sommertags vor das reich verschnörkelte Thor eines Palastes geführt; es muß wohl ein sehr hoher Herr sein, der da drinnen wohnt, den er bewachen soll.

Er betrachtet alle die fremden Wunder ringsum und gerade da, wo ihm die Instruktion ein strammes „Kehrt“ vorschreibt, lockt ihn ein eisernes Parkthor, dahinter dichtes Gebüsch, einsame schattige Pfade. Lange hat er der Lockung widerstanden, nur auf Augenblicke hat das Pendel gestockt; aber die Steinbank an der Mauer ruft gar so traute Erinnerungen in ihm wach. Er kann nicht anders, er muß sich einen Augenblick darauf setzen, die schwere Patrontasche thut noch ein Uebriges und „halb zieht sie ihn, halb sank er hin“. Die Bäume flüstern, die Wasser plätschern, sonst Alles still. Er entschlummert. Aber horch, was raschelt im Gebüsch, was knirscht auf dem Sandwege, wie der Tritt eines Raubthiers? Es ist der Herr Korporal; er hat den Schläfer entdeckt; lauernd beugt er sich über den Pflichtvergessenen und in Kurzem wird der Stock, den er noch hinter dem Rücken verbirgt, den schönen Traum des armen jungen Grenadiers ein unsanftes Ende bereiten.

Der Herzensvertraute. (Mit Illustration S. 28.) Das ist ein Beichteckchen, so recht nach dem Herzen unserer Stil-Schwärmer und Möbel-Romantiker! Und ein wunderliches Paar hat der Maler da neben einander gesetzt: das schöne, üppig blühende Fürstenkind neben den alten Hofnarren. Schön ist der alte Schalk wahrlich nicht, aber klug ist er; unter seinen Augen und Scherzen ist sie groß geworden: er, der schon der Vertraute ihrer kindlichen Sorgen und Wünsche war, ist nun der Vertraute ihrer jungfräulichen Herzensangelegenheiten. Er hat noch seine scharfe Zunge und seinen stacheligen Witz, aber nicht für sie; er zieht das alte Gesicht in die gefürchteten Falten, da sie ihm verschämt den neuesten, von glühender Liebe diktirten Brief zur Kenntnißnahme zusteckt, aber diesen Ausdruck mildert ein Zug guten Willens und herzlichen Antheils um die Mundwinkel. Und so studirt er denn die bilderreichen Zärtlichkeiten und Herzensnöthe des im schmerzlich-süßen Dienst der Königin Minne die Feder führenden jungen Helden, der sich schwerlich eines solchen Lesers versehen hat, und die junge Schöne träumt indeß bei Seite – was wird er sagen? Ja oder nein? Gefällt er ihm, gefällt er nicht? Soll sie aufmuntern oder abwehren? Ach, am Ende wird’s die alte Sache: neigt sich ihr Herzchen dem Briefschreiber zu, so mag die Weisheit und Erfahrung tausend Gegengründe haben: das Herz wird besten Falles überzeugt sein, daß es eine Thorheit begeht, und es wird sie doch begehen. Die Liebe ist immer thöricht, und sie kann nicht dafür, wenn sie nicht unglücklich deßhalb wird, auch nicht, wenn sie unglücklich wird. Das tiefste und leidenschaftlichste Glück ist keine Frucht der Weisheit, sondern der Einsatz des Schicksals für ein Würfelspiel.

Die Vergiftung in Folge übermäßigen Theegenusses bildete vor Kurzem eine lebhaft erörterte Streitfrage unter den Aerzten Nordamerikas und Englands. Zur Beruhigung aller Liebhaber des chinesischen Getränks können wir mittheilen, daß nähere Untersuchungen anscheinend eine fast absolute Unschädlichkeit des Theegenusses für den gesunden Menschen erwiesen haben. In den geringen Mengen, in welchen der Thee gewöhnlich getrunken wird, kann der wirksame Bestandtheil desselben, das Theïn, seine verderblichen Wirkungen nicht äußern. An und für sich in starken Gaben genommen ist dasselbe allerdings giftig, eben so wie das Koffeïn, ein Bestandtheil des Kaffees. Lange Zeit hielt man beide Substanzen für durchaus gleich in ihrer Zusammensetzung und Wirkung. Man hat jedoch gefunden, daß die physiologische Wirkung derselben durchaus verschieden ist. Das Koffeïn führt, in größeren Mengen genommen, schneller den Tod herbei, und so liegt der Schluß nahe, daß der Mißbrauch des Kaffeegenusses leichter schlimme Folgen nach sich ziehen kann, als ein übermäßiges Theetrinken. *

Der „Edelweißkönig“, die im vorigen Jahrgang der „Gartenlaube“ veröffentlichte fesselnde und farbenfrische Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer, ist jetzt im Verlage von Adolf Bonz u. Komp. in Stuttgart in Buchausgabe erschienen und dürfte dem Erzähler sicher auch in dieser Form zahlreiche neue Freunde gewinnen. **

Allerlei Kurzweil.
Skataufgabe Nr. 1.
Von S. und G. in Bremerhaven.

Nach folgenden 4 ersten Stichen:

1
(−21)   3
(−4)
(c. 7) (c. Z.) (c. As) (c. 8) (p. B.) (car. B.)
2
(+15)   4
(+11)
(car. As) (c. K.) (car. 7) (tr. 8) (tr. 9) (tr. As)

gewinnt die Vorhand Roth- (coeur) Solo mit Schneider, da sie nur noch einen Stich mit 4 Augen abgiebt. Wie sitzen die Karten und wie ist der weitere Verlauf des Spiels?[1]


  1. Abkürzungen: e., g., r., s. = Eicheln (tr.); Grün (p.); Roth (c.); Schellen (car.). W., D., Z., O., 9, 8, 7 = Wenzel (B.), Daus (As), Zehn, König, Ober (Dame) etc.
Domino-Aufgabe.

Man nimmt aus einem Dominospiel zwei Steine, von denen der eine die Points 1 und 6, der andere die Points 2 und 6 hat, ferner sämmtliche 7 Steine, auf denen sich 0 befindet. Die Gesammtheit dieser 9 Steine soll in ein 9felderiges Quadrat so eingeordnet werden, daß die Summe der Ziffern jeder senkrechten, jeder wagerechten und auch der beiden diagonalen Felderreihen stets 12 beträgt.

Auflösung des Kegel-Problems auf S. 20: Um die richtige Lösung zu finden, müssen auf den ersten Schub alle jene Kegel fallen, an deren Basis die Buchstaben stehen, dagegen beim zweiten Schub jene Kegel, wo die Buchstaben sich am Kopfe der Kegel befinden. Die Lösung heißt dann: „Kegel-Club“.


Inhalt: Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 21. – Die Frau eines Thronfolgers. Von Arthur Kleinschmidt. S. 24. Mit Portrait. S. 21. – Kleine Bilder aus der Gegenwart. Mit Illustration. S. 29. – Speranza. Novelle von A. Schneegans (Fortsetzung). S. 29. – Sagen und Gebräuche aus dem Paznaunthal. Von Professor Dr. J. Friedrich in München (Schluß). S. 31. Mit Illustrationen S. 32, 33 und 34. – Buttersäure – Magensäure. S. 34. – Blätter und Blüthen: Die Barbarina. Mit Illustration. S. 35. – Die Verdurstenden in der Wüste. S. 35. – Die Elektricität im Kleinen. S. 36. – Auf Posten. S. 36. Mit Illustration S. 25. – Der Herzensvertraute. S. 36. Mit Illustration S. 28. – Die Vergiftung in Folge übermäßigen Theegenusses. S. 36. – Der „Edelweißkönig“. S. 36. – Allerlei Kurzweil: Skataufgabe Nr. 1. S. 36. – Domino-Aufgabe. S. 36. – Auflösung des Kegel-Problems auf S. 20. S. 36.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

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