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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

dazumal denselben Nimbus verlieh, den in unserer heutigen Gesellschaft, nur in verringertem Grade, die Pariserin besitzt.

Da, im letzten Augenblick, als eben die Anker gelichtet werden, tönt Gesang und Lautenklang über das Wasser, ein kleiner Kahn durchfurcht die stille Fluth, und eine stattliche Männergestalt wird aufrecht im Boote stehend sichtbar. Es ist ein Freund, den seine bescheidenere Stellung – vielleicht auch ein tieferes Gefühl abgehalten hat, sich an den geräuschvollen Abschiedsceremonien zu betheiligen, und der nun spät noch allein erscheint, um seine Grüße hinaufzusenden.

Wehmüthig tönt die Weise:

„Sogna il guerrier le schiere,
Le selve il cacciator“ – – [1]

Der Sänger läßt sein Boot zu Füßen der reizenden Blondine halten, die, an der Seite der Gefährtinnen stumm und bewegt zu dem Freunde niederblickend, ihm zum Abschied eine Blume zuwirft, und während schon die Galeere langsam dem offenen Meere zufährt, tragen noch Wind und Welle die letzten Worte des wohlbekannten Liedchens zu ihr herüber, Worte, die noch lang in ihrer Seele nachhallen werden:

„Sogno anch’io cosi
Colei che tutto il dì
Sospiro e chiamo.“[2]

J. K.     


  1. Der Krieger träumt von seinen Scharen, der Jäger träumt von seinem Wald.
  2. So träume auch ich, von ihr, die ich den ganzen Tag mit Seufzern rufe.

Für die Hausbibliothek. Die billigen Ausgaben deutscher Klassiker haben selbst die weniger bemittelten Familien in die Lage versetzt, die unvergänglichen Werke unserer großen Dichter in ihre Hausbibliotheken aufzunehmen. Man kann sogar weitergehen und behaupten, daß erst in der neuesten Zeit durch die billigen Ausgaben die Hausbibliothek, die man früher nur bei Gelehrten vorfand, zum Gemeingut des Volkes wurde. Und wie groß ist der Werth eines solchen Bücherschatzes, wenn bei der Wahl der Werke Geschmack und Einsicht walten! An den Meisterschöpfungen großer Dichter und hervorragender Schriftsteller bildet nicht allein die heranwachsende Jugend des Hauses Geist und Herz, auch für die Aelteren sind sie eine nimmer versiegende Quelle edler Unterhaltung und geistiger Erholung. Ja, richtige Auswahl, das ist die Hauptsache beim Sammeln einer Hausbibliothek, namentlich für Denjenigen, der mit dem Gelde rechnen muß. Leider aber verfügt nicht ein Jeder über die Summe der nöthigen litterarischen Erfahrung, um die Wahl stets richtig zu treffen, und daraus entstehen jene Fehlgriffe, die so Viele von weiterem Bücherankaufe abschrecken.

Diesem Uebelstand versuchten die Herausgeber der „Cotta’schen Bibliothek der Weltlitteratur“ abzuhelfen, als sie beschlossen, die anerkannten Meisterwerke der Litteratur aller Völker in vorzüglichen Ausgaben den weitesten Kreisen auf die denkbar billigste und bequemste Weise zugänglich zu machen.

Die bereits abgeschlossene erste Serie enthielt die Werke von Goethe, Schiller, Lessing, Shakespeare, Molière, Calderon, Dante, Chamisso, Körner, J. v. Kleist, Platen, Lenau. In der zweiten Serie, deren Ausgabe soeben beginnt, werden den obengenannten Werken diejenigen von Homer, Sophokles, Horaz, Cervantes, Tasso, Ariost, Racine, Camoëus, Tegnér, Byron, Klopstock, Wieland, Herder, Bürger, Tieck, Hauff, das Nibelungen- und Gudrunlied folgen.

Dreierlei Vorzüge sind es, welche diese Ausgaben auszeichnen: erstens sind sie sämmtlich von den kompetentesten Herausgebern durchgesehen und eingeleitet, zweitens ist ihre gleichmäßige Ausstattung eine sehr elegante und solide (stattliches Oktavformat, guter Druck), und drittens ist der Preis derselben – eine Mark für den vollständigen, elegant in Leinwand gebundenen Band von durchschnittlich 300 Druckseiten – ein so mäßiger, daß man sich hier in der That mit fast unmerklichen Geldopfern nach und nach – je in Zwischenräumen von zwei Wochen erscheint ein Band – in den Besitz einer klassischen Büchersammlung von nie veraltendem Werthe setzen kann. Für Solche, welche einzelne der genannten Dichterwerke schon besitzen, ist die Einrichtung getroffen, daß man ohne Preiserhöhung auch nur auf einzelne oder mehrere Dichter subskribiren, ja sogar einzelne Bände zum Preise von 1 Mark (gebunden) haben kann.

Das Unternehmen erleichtert die allmähliche Anschaffung gediegener Hausbibliotheken in außerordentlicher Weise. Die „Cotta’sche Bibliothek der Weltliteratur“ spricht so sehr für sich selbst, daß sie kaum einer besonderen Empfehlung bedarf.



Inhalt: Edelweißkönig. Eine Hochlandsgeschichte. Von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 753. – Sonntag Nachmittag. Illustration. S. 753. – Eine fürstliche Malerin. Von Anton v. Werner. S. 761. Mit Illustration S. 761, 764 und 765. – Ein wunderlicher Heiliger. Novelle von Hans Hopfen (Fortsetzung). S. 762. – Terrain-Kurorte. Eine neue Heilmethode, geschildert von Dr. med. Taube-Leipzig. S. 768. – Herbsttage am Königssee. Von Wilhelm Goldbaum. Mit Illustration. S. 770. – Blätter und Blüthen: Der photographische Hut. Von G. van Muyden. Mit Abbildung. S. 771. – Venetianisches Ständchen. S. 771. Mit Illustration. S. 756 und 757. – Für die Hausbibliothek. S. 772.



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[ Verlagsanzeige von Ernst Keil's Nachfolger; hier nicht dargestellt. ]



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_772.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2024)