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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Rast an der Quelle.
Nach einer Photographie des Oelgemäldes von C. Steffeck im Verlage der „Photographischen Gesellschaft in Berlin“.

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Da späht er umher, und er sieht so hell

Von der Felswand sickern den silbernen Quell.

Er schwingt sich vom Sattel in glühender Hast,
Und Rosse und Reiterin halten Rast.

Statt des Bechers erfaßt sein Barett er im Nu –

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Die blonde Maid sieht ihm träumerisch zu.


Nun schlürft sie durstig mit rosigem Mund
Das glitzernde Naß vom sammtenen Grund;

Dann schaut sie dem Knaben in’s Angesicht –
Das leuchtet so seltsam; sein Auge spricht:

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„O, wäre dies Wasser der Zaubertrank,

Der Isolde und Tristan zusammenzwang!“

Und wie sie es liest in des Blickes Gluth,
Da wallt ihr wärmer zum Herzen das Blut;

Erröthend hat sie sich zu ihm geneigt – –

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Der Wald nur sieht es – der Wald, er schweigt.


 Anton Ohorn.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 729. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_729.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2020)