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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

Falls das Gericht befugt, eine eidliche Versicherung des Inhalts, daß der Geistliche von dem Gegenstande seiner Befragung außerhalb seiner amtlichen Stellung keine Kenntniß erlangt habe, zu fordern. (Codex des Kirchen- und Schulrechts S. 62.)

Daraus ergiebt sich, daß die erste Frage unbedingt mit Nein zu beantworten ist. Der Geistliche kann nicht nur nicht der Hehlerei angeklagt werden, er würde vielmehr im entgegengesetzten Falle wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses im disciplinarischen Wege von seiner Aufsichtsbehörde bestraft werden müssen.

Eine einzige Ausnahme findet, so viel ich mich entsinne – ich kann aber die betreffende Bestimmung nicht ausfindig machen – dann statt, wenn ein Unschuldiger in Gefahr steht, die Todesstrafe zu erleiden. Aber auch dann ist nur die Thatsache und nicht der Name des Thäters zur Anzeige zu bringen.“


Alters-Asyle. In Nr. 23 der „Gartenlaube“ stellten wir, auf mehrfache Anregung, die Anfrage nach einer „Versorgungsanstalt für das vereinsamte Alter“ auf und erhielten darüber folgende Auskunft.

Versorgungsanstalten für das vereinsamte Alter, deren Zugänglichkeit nicht von Ortsbürgerrechten abhängig ist, sind uns fünf genannt. In Mainz besteht ein „bürgerliches Invalidenhaus“. Die Verwaltung desselben befindet sich vorzugsweise in katholischen Händen, und auch Wartung und Pflege in Krankheitsfällen besorgen barmherzige Schwestern; allein Erfahrung lehrt, daß auch evangelische Alte dort aufgenommen und mit derselben Freundlichkeit wie die katholischen Hausgenossen gehalten wurden. Näheres über diese Anstalt hat man sich beim Herrn Obergerichtsrath Dr. Bockenheimer in Mainz zu erbitten. – Wie trotzalledem dieses Mainzer Invalidenhaus vorzugsweise einen katholischen, so trägt das „Diaconissenhaus“ zu Straßburg im Elsaß ausschließlich einen evangelischen Charakter. Gestiftet von dem Straßburger Pfarrer Härter († 1874), einem lutherisch-strenggläubigen, aber herzensedlen, thatkräftigen und deutsch-treuen Manne, Freund und Ebenbürtigen Stöber’s in Mühlhausen, nimmt das Diaconissenhaus ebenfalls nicht blos Protestanten, sondern auch Katholiken auf, die ruhig ihres Glaubens leben können, denn nichts war Härter verhaßter, als die Proselytenmacherei. Um Jedem nach seinen Mitteln zu dienen, bestehen für Zimmer und häuslichen Comfort, Küche und Keller drei Classen, so daß der weniger Bemittelte die Wohlthat der Anstalt genießen, aber auch der Anspruchsvollere sich dort zufrieden fühlen könne. Reizend ist auch die Lage der Straßburger Anstalt, und die Einrichtung des Hauses in Bezug auf Luft, Licht und Ungestörtheit soll, nach unserem verehrten Gewährsmanne, kaum besser zu wünschen sein. Näheres theilt auf Anfrage Herr Pfarrer Härtel in Straßburg mit.

Eine der wärmsten Theilnahme würdige Anstalt ist das von einem Geschwisterpaare Zimmermann in Wiesbaden gestiftete „Versorgungshaus für alte Leute“. Trotz schweren Verlustes durch einen unredlichen Rechnungsführer bleibt die Verwaltung dieses Hauses doch ihrem bisherigen Grundsatze treu: die Aufnahme in dasselbe an keinerlei Bedingungen bürgerlicher oder kirchlicher Zugehörigkeit zu knüpfen. Mögen Glückliche, welche sich die Freude des Wohlthuns gönnen dürfen, diese Anstalt im Auge behalten; sie verdient eine immer weitere Ausbreitung und Kräftigung. Auskunft ertheilt sehr gern Herr Kreisgerichtsrath a. D. Bücher in Wiesbaden. – Der „Verein Frauenheim“ in Berlin (Gartenstraße Nr. 21, N.) beschränkt seine Sorge, wie der Name schon besagt, auf alleinstehende Frauen. Die Statuten desselben werden den Anfragenden durch den Schatzmeister des Vereins, Herrn Fritz Kühnemann in Berlin[WS 1] mitgetheilt. – Ueber ein fünftes Altersasyl, das in Danzig bestehende „Hospital zum heiligen Leichnam“ (so genannt wegen der damit verbundenen Kirche gleicher Bezeichnung), belehren uns die vom 1. Mai 1830 datirenden Statuten. Nach denselben werden in diese Anstalt auch „Auswärtige“ aber nur Christen, gegen Einkaufsgeld zur Verpflegung aufgenommen. Man wendet sich wegen des Näheren wohl an den „Oberbürgermeister“ oder den „Rath“ von Danzig.

Mehrere Anerbietungen von Einzelnen, derlei vereinsamte alte Leute in ihren Familienkreis aufzunehmen, gehen wohl über die Absichten unserer Anfragenden hinaus, wird uns aber der Wunsch dennoch ausgesprochen, so sind wir zur Mittheilung der Adressen bereit.


Allen Freunden von Bock’s „Buch vom gesunden und kranken Menschen“ wird die Mittheilung eine hochwillkommene sein, daß die zehnte Auflage dieses allbeliebten medicinischen Rathgebers am häuslichen Herd in der verwichenen Woche complet geworden ist. Wie sehr das bewährte Werk in der Liebe des Publicums im Steigen begriffen ist, leuchtet aus der Thatsache ein, daß im Laufe des letzten Jahres 20,000 Exemplare dieser Auflage abgesetzt worden sind.


Zu dem vom Blatte spielenden Clavier (Nr. 44) müssen wir nachtragen. daß dasselbe in einer anscheinend sehr ähnlichen Gestalt wie jetzt in Amerika, bereits in den Jahren 1867 bis 1868 von einem deutschen Ingenieur, Herrn Hermann Spieß in Sumiswald (jetzt in Berlin), construirt wurde. Dieser auf Orgel und Harmonium unmittelbar, auf das Clavier mit einer geringen Abänderung anzuwendende Apparat, bei welchem durch eine geschickte Hineinziehung des Pedals auch dem Ausdrucke nach Möglichkeit Rechnung getragen wird, erregte bereits 1868 in Paris Aufsehen, als man die mit fünf Manualen versehene Riesenorgel der Kirche Notredame durch denselben spielen ließ. Ein von Herrn Spieß erbautes elektrisches Clavier befindet sich seit vier Jahren in dem bekannten Kaufmann’schen akustischen Cabinete in Dresden.


Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin. I. Rechtsanwalt Winterfeldt hat den Beweis geliefert, daß er weder zu den Gründern noch zu den ersten Zeichnern des „Lichterfelder Bauverein“ gehört, vielmehr erst im Frühjahr 1874, als die Actien der Gesellschaft bereits den niedrigen Cours von ca. 29 einnahmen, in den Aufsichtsrath resp. Vorstand getreten ist.

II. Ludwig Stillfried in Breslau. Der Verfasser wird Ihnen antworten, wenn Sie den Muth haben, Ihren wahren Namen zu nennen und Ihre genaue Adresse einsenden.

Otto Glagau.

Kleiner Briefkasten.

K. in Fr. Sie irren; der Leipziger Zweigverein der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ hat einen eigenen „Leipziger Volkskalender“ erscheinen lassen, nicht zu verwechseln mit dem vom „Berliner Volksbildungsverein“ herausgegebenen kleinen „Deutschen Reichskalender“, der ebenfalls, wie der Leipziger, fünfzig Pfennige kostet. Der Leipziger Kalender ist in hübscher Ausstattung in dem allen beliebten Quart erschienen und bringt außer verschiedenen guten Illustrationen eine geschmackvolle Auswahl von unterhaltenden und belehrenden Beiträgen.

Herrn Dr. Jul. Schnauß in Jena. Wir sind Ihnen dankbar für Ihre Mittheilung, daß die in Nr. 30 der Gartenlaube erwähnten Versuche des Freiherrn von Reichenbach, das Odlicht zu photographiren, Ihnen trotz aller Sorgfalt nicht haben gelingen wollen. Freiherr von Reichenbach ist todt und das Odlicht allem Anscheine nach mit ihm erloschen.

St. M. in D. bei Wien. Ihre Idee, daß die Erde „werdender Nahrungsstoff“ der Sonne sei, enthält, wenn wir von dem phantastischen Ausdruck derselben absehen, nichts Neues, sofern zahlreiche Astronomen und Physiker sich der Ansicht zuneigen, daß in einer späten Zukunft alle Planeten wieder in den Mutterschooß der Sonne zurückkehren müssen.


Als Weihnachtsgeschenke empfohlen!

WS: Verlagswerbung, wird derzeit nicht transkribiert.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in Freienwalde an der Oder, vergl. Jg. 1878, Heft 11, S. 90
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 828. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_828.jpg&oldid=- (Version vom 18.2.2023)