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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

Schatten spendet. Bäume zu pflanzen, Wege anzulegen, wüstes Land urbar zu machen, war ihre Lust, und sie hat darin viel für Griechenland geleistet. Es ebnet sich jetzt manche Straße, die sie angelegt hat; mancher Baum breitet seine Aeste zu segensreichem Schatten aus, den sie gesäet hat.

Ihre schönste Schöpfung auf diesem Felde war der Garten am königlichen Schloß. Da sproßte es in saftigem Grün; da rieselten Quellen; da wiegten und bogen sich schlanke Palmen im Morgenwinde, und der Besuchende athmete – was ihm sonst um Athen herum versagt war – eine Pflanzenatmosphäre voll Arom und Frische. Der Palmenwald, hieß es, sei entstanden, indem die Königin, Nachmittags ihre Datteln im Freien verspeisend, die Kerne von sich geworfen, die, auf fruchtbaren Boden fallend, rasch zu großen, schönen Bäumen herangewachsen. Mag hier und da wohl ein oder die andere Saat so aufgegangen sein, für das Ganze ist die Kunst doch wohl wahrscheinlich thätiger gewesen. Mächtig entwickelnd freilich wirkt die Sonne auf diesem Boden. Königin Amalie hatte nordische Obstsorten kommen lassen, um sie in Griechenland einzubürgern. Aber aus den Erdbeerpflanzen wurde hohes Gebüsch, dessen Früchte, groß wie Aepfel, sich als ungenießbar erwiesen. Nicht besser ging es mit anderen Versuchen, und man beschränkte sich endlich auf südliche Anpflanzungen. Nach Angabe der Königin angelegt, sorgsam gepflegt, ward aus diesem Garten ein Paradies, dem auch die weitere Umgebung einen Hintergrund lieh, wie er sich bedeutender vielleicht nicht zum zweiten Male auf Erden findet. Hier umrahmte, an schlanken Stämmen emporkletternd, Rankengewächs die Umrisse des Parthenons, wie sie sich goldbraun auf den krystallreinen Himmel zeichneten. Dort schien das weiße Marmorschloß sich gegen die aufsteigende Felsmasse des Lykabettos zu lehnen. Der blaue Meeresstreifen begrenzte die weit sich hinstreckende, rosig schimmernde Ebene, während jener breite Gang endlich sich nach den Säulen des Jupitertempels hin öffnete, die, gleich heldenhaft übrig gebliebenen Riesen, immer noch aufrecht stehen, die letzten Zeugen seiner längst versunkenen Herrlichkeit.

Die Gemächer der Königin blickten auf diesen Garten, diese Landschaft hinaus. Ob in seinen Anlagen wandelnd und schaffend, ob vom Fenster aus die Weite mit dem Blicke umfassend, immer hatte Königin Amalie dieses Schönheitsbild vor Augen, ihre Liebe für Griechenland an ihm zu nähren und zu befestigen. So beweglich sie im Lande selber war, so selten verließ sie dasselbe. Und geschah es ja einmal, um Verwandte zu besuchen, vaterländische Stätten wieder zu sehen, so litt es sie nicht lange draußen. Heimweh nach Hellas’ blauem Himmel zog sie immer bald wieder zurück. Was sie im Auslande sah und kennen lernte, interessirte sie nur insofern, als es für Griechenland zur Hebung seiner Cultur verwendbar war. Auch gestaltete sich ihre Rückkehr jedes Mal zu einem Feste, dem sie und ihr Volk entgegen jubelten. Und diese Königin mußte im Exil sterben! –

Das Schicksal hat zweierlei an ihr verfehlt: entweder es mußte ihr einen Erben in die Arme legen, sie dauernd auf einem Throne zu befestigen, für den sie Blut und Leben hingegeben hätte; oder – sie hätte selber der Herrscher sein müssen, ihn mit Manneskraft zu vertheidigen. Geist, Leben und Energie genug besaß sie dazu. Aber als Frau war ihr Wirken beschränkt, und wie sie auch – echt weiblich – für Griechenland gesorgt, es geliebt und gepflegt hatte, Dank sollte sie nicht dafür ernten. Nachdem sie ihre Jugend, ihre besten Jahre und Kräfte, all’ ihre Liebe dem Lande hingegeben, dessen glorreiche Auferweckung der Traum ihres Lebens gewesen war, hieß man sie gehen. Rohe Hände verwüsteten den Garten, der, ihr Lieblingskind, unter ihren Augen ausgewachsen war, und ein flüchtiges Schiff trug das heimathlose Herrscherpaar über’s Meer. Königin Amalie hat Griechenland nicht wieder gesehen.

Aber wie hart im Allgemeinen auch an ihr gehandelt worden, im Einzelnen hat auch sie Treue erfahren. Ihre Oberhofmeisterin, Baronin von Plüskow, geborene von Witzleben, schreckte, obgleich schon hochbetagt, im entscheidenden Moment nicht vor der äußersten Lebensgefahr zurück, um ihrer Herrin zu retten, was noch zu retten war. – Als die verbannte Königin, Hellas verlassend, bereits an Bord ihres Schiffes gegangen war, sprang im letzten Moment ihr griechisches Hoffräulein, den Verlobten, Eltern und Vaterland darangebend, in ein Boot, ihr nach und begleitete sie nach Deutschland. Griechische Damen und Dienerinnen haben sie umgeben bis an ihr Ende.

König Otto hat seine Verbannung nicht lange überlebt. Er brachte eine zerrüttete Gesundheit schon aus Griechenland mit, dessen Klima sich ihm nie günstig erwiesen hatte. Die Königin, aus festerem Stoffe gebildet, widerstand dem Ungemach länger. In der Oeffentlichkeit hörte man wenig mehr von ihr, seitdem sie in Bamberg und Brückenau ihren Wittwensitz aufgeschlagen. Ob sie schwer an dem Schicksale der Entthronten getragen, ob Glanz und Macht ihrer früheren Stellung sie mit Bitterkeit auf ein jetzt viel bescheidneres Dasein blicken ließen, oder ob sie, groß und ergeben, sich in eine Lebenswendung zu finden gewußt, die auch Andere mit ihr theilten – wir wissen es nicht. Das aber ist uns persönlich bekannt, daß sie Hellas’ blauen Himmel nicht verschmerzen konnte, daß tiefstes Heimweh nach dem „Lande der Griechen“ in ihr lebendig blieb. Und wenn es gestattet ist, in einem uns stark beherrschenden Seelenzustande den Grund auch zu körperlichem Kranken und Vergehen zu suchen, so läßt sich von dieser Königin wohl sagen, daß sie an Sehnsucht gestorben ist.


Blätter und Blüthen.

Anfrage an unsere Germanisten. Wir erhalten von Petersburg folgende Zuschrift: „Bei der neulichen Enthüllung des Hermann-Denkmals ist wieder von Neuem bei mir der schon so lange gehegte Wunsch wach geworden, zu erfahren, ob das Lied

‚Hermann, schla Lärm an! la piepen, la trummen!
De Keiser will kommen mit Hammer und Stangen,
Will Hermann uphangen.

Un Hermann schloug Lärm an, leit piepen, leit trummen,
De Fürsten sind kommen met all ehren Mannen,
Hewt Varus uphangen‘ –

schon aus der Zeit der Hermann-Schlacht stammt oder ob es aus späteren Jahrhunderten datirt.

Die ersten Zeilen haben sich noch bis zum heutigen Tage in meiner Heimath Briezenveen (Niederlande, Provinz Oberyssel) unter dem Volke und besonders unter den Kindern erhalten; Wenige aber wissen, daß ihre eigenen Vorfahren vielleicht mit dem in diesem Liede besungenen großen Germanen unter den tapferen Kämpfern im Teutoburger Walde gewesen sind. Alle meine Forschungen, mir über den Ursprung des Liedes einige Aufklärung zu schaffen, sind bis jetzt gänzlich fruchtlos geblieben; ich wende mich daher an die Redaction der Gartenlaube mit der freundlichen Bitte, wenn möglich, darüber einige Aufklärung geben zu wollen; viele meiner Landsleute, und gewiß noch mehr unserer germanischen Stammesgenossen, Leser Ihres geehrten Blattes, werden Ihnen dafür sehr dankbar sein.

Schreiber dieses hat dieselben Ansichten wie die Niederländer in Nr. 50 der Gartenlaube, Jahrgang 1874. Ich versichere Ihnen, daß der weit größte Theil der Niederländer (die Katholiken ausgenommen) das Zustandekommen der deutschen Einheit mit Freude begrüßt hat. In meinem Geburtsorte z. B. wurden die Siegesnachrichten der deutschen Waffen von 1870 mit Jubel vernommen.

Heil Denen, die das Ideal so vieler Deutschen verwirklicht haben! Ehre der deutschen Regierung, die so muthig den Kampf wider ihren größten Feind (Rom) aufgenommen hat und ohne Zweifel ruhmvoll aus Demselben hervorgehen wird!

Möge auch einmal der Wunsch so vieler Nichtdeutschen, namentlich die Verbrüderung aller germanischen Stämme, erfüllt werden!

Ein Germane.

Für Wanderlustige und Luftschnapper hat die Reiseliteratur wieder fleißig gearbeitet. Wer sich für seinen Ausflug in Mitteldeutschland mit dem Thüringer Walde begnügt, vergesse des Major Fils (des „Thüringer Waldläufers“) treffliche Höhenkarten, sowie seine Schriftchen über Henneberg und Bad Ilmenau nicht! Auch das jetzt durch zwei Eisenbahnen erschlossene Saalfeld hat seine Monographie erhalten. Auch Tirol und Kärnten führt Ed. Amthor und läßt durch Geh. Obermed.-Rath Kurtz die Einführung durch die Dolomitenguppen von Enneburg, Buchenstein etc. bis Ampezzo besorgen. Sogar für das hohe Tatra in den Centralkarpathen hat sich in Dr. E. A. Scherner in Breslau ein Führer gefunden. „In fünfzig Tagen durch Italien“ zeigt uns das jüngste der Meyer’schen Reisebücher von Gsell-Fels den Weg, und außerdem haben die meisten Reisehandbücher und Wegweiser von Bädeker und Meyer neue Bearbeitungen erfahren.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 612. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_612.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)