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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

ist das vierundzwanzig Fuß lange und elf Centner schwere Schwert der wuchtigen Faust der noch mit einer Bretterhülle verdeckten Hermann-Statue einverleibt und blinkt mit seiner goldenen Inschrift:

Deutsche Einigkeit meine Stärke,
Meine Stärke Deutschlands Macht –

weit in die Lande hinaus. Nicht gar lange mehr wird’s dauern und das erhabene Denkmal steht im vollen Schmucke seiner Vollendung da und sieht nach siebenunddreißig langen Jahren dem schönen Tage der Einweihung, seiner Uebergabe an das deutsche Volk (am 16. August dieses Jahres) entgegen, einem Feste, dem, wie wir jetzt wohl mit Sicherheit melden können, Kaiser Wilhelm beiwohnen wird.

R. Sch.

Die Eisenbahn unter den Meereswogen. Nachtrag. Ueber dieses neueste Wunder des Jahrhunderts wird noch unendlich viel geschrieben werden. Wir ergänzen unsere in Nr. 8 befindliche Schilderung zunächst durch folgende Thatsachen, die für eine richtige Beurtheilung wesentlich erscheinen. Vor Allem vermindert sich die wohl in Jedem zunächst auftauchende Gefahr vor dem Einbruche des Meeres in den Tunnel fast bis auf ein Nichts, wenn wir erfahren, daß man in den Blei- und Kupferbergwerken von Cornwall, sowie in den Kohlenminen von Cumberland in England zum Theil bis beinahe eine deutsche Meile weit unter dem Meere hineingedrungen ist und immer weiter bergwerkt, ohne bis jetzt nur das leiseste Einsickern von Wasser bemerkt zu haben. Die Tiefe dieser Schachten kommt von zweihundertzwanzig bis siebenzig Meter dem Meeresbette nahe. Wenn es noch lange so fortgeht, gräbt man unwillkürlich den ungeheuersten aller unterseeischen Tunnel und kommt endlich unter der etwa zwölf deutsche Meilen entfernten Küste Irlands an und auf festem Boden von da wieder empor.

Noch mehr: Bei St. Just streckt sich das Bergwerk Huel-Cock vierhundertfünfzig Fuß weit unter dem Meere hin und zwar so dicht unter dem Meeresboden, daß man das donnernde Wogen von oben nicht selten hören und fühlen kann. Die schützende natürliche Steinmauer ist an manchen Stellen nur fünfzehn Fuß dick. An einer andern Stelle beträgt diese Schutzmauer gegen das tosende Meer oben kaum etwas über fünf Fuß, so daß die Leute unten bei großem Sturme von den Erschütterungen und dem Getöse über ihnen vertrieben wurden. Aber sie kommen immer wieder, und wenn sich manchmal höchstens eine Spalte mit einsickerndem Wasser einfindet, wird dieses Leck wie in Schiffen mit Werg, Pech und Cement dauernd verstopft.

Findet sich aber in solchen großen Tiefen nicht Wasser von unten ein? Merkwürdiger Weise bestätigt sich die schon vor beinahe hundert Jahren von dem englischen Ingenieur Pryce gemachte Behauptung, daß Tunnel unter dem Meere sich trockener halten, als eben solche unter festem Lande, auf das Glänzendste. Das Meer selbst sorgt für diese Trockenheit unter sich, da es seine Betten mit einem wasserdichten festen Schleime bedeckt. Aus der Meerestiefe hervorgeholte Steine oder Felsenstücke bestätigen dies; sie sind immer mit einer Schicht von Pflanzen und Muscheln und daran fest gewordenem Schleime überzogen, so daß die kleinsten Ritzen und Poren damit wasserdicht ausgefüllt sind.

Gestützt auf diese Thatsachen, haben die kühnen Unternehmer des englisch-französischen Eisenbahntunnels guten Grund, an die Gefahrlosigkeit und die Trockenheit ihres unterseeischen Verbindungsweges zu glauben und sich mit einer Tiefe von etwa fünfzig Fuß unter dem Meeresbette zu begnügen. Dadurch würde die Sache schon viel leichter werden, da zweihundert Fuß, die man früher für nöthig hielt, namentlich einen längeren Weg von den Küsten aus nach dem Lande hinauf in die Schienen, oberhalb der Erde nöthig machen würden. Es hieß deshalb auch schon, daß der Tunnel, unter dem Meere hin noch nicht fünf deutsche Meilen lang, durch seine beiden Ausläufe auf die Oberfläche Englands und Frankreichs, namentlich durch die nothwendigen Krümmungen, eine Länge von sechs und einer halben deutschen Meile erreichen würde. Jetzt hofft man wenigstens die Hälfte der Länge dieses aufsteigenden Landtunnels sparen zu können.

Auch in Bezug auf die Ausbohrung und Beseitigung von etwa drei Millionen Cubikmeter Kreidefelsengestein braucht man sich die Schwierigkeit nicht so groß zu denken. Die schon erwähnte Brunton’sche Maschine bohrt in diesen Kreidefelsen mit solcher Leichtigkeit, daß sie jede Stunde über drei Fuß vorwärts kommt. Sie bohrt immer gewaltige Löcher von mehr als sechs Fuß Durchmesser und befördert dabei die losgebröckelten Stücke auf einer durch die Maschine selbst gedrehten Leinwandfläche in die hinter ihr stehenden Wagen, welche durch ein System von Drähten und Winden in den an den Ausgängen befindlichen tiefen Brunnen fortwährend hin- und hergezogen werden. Diese Maschinerie wird, wie die zur Hebung und Beseitigung der ausgebohrten Massen, natürlich durch Dampf getrieben.

In den Tunnel selbst darf man damit nicht kommen. Deshalb werden die Brunton’schen Maschinen, wie die im Mont Cenis und jetzt im St. Gotthard, durch zusammengepreßte Luft getrieben. Dazu gehören freilich zuletzt Röhren von je etwa zwei und einer halben deutschen Meile Länge – sehr viel, aber es macht sich ganz einfach, indem man die Röhre mit den Fortschritten der Bohrmaschine eben nur immer verlängert. Es wird viel Geld kosten, aber ein und eine halbe Million Thaler sind ja bereits blos für die ersten Vorarbeiten gezeichnet worden. Bewähren sich diese, so kommen die achtzig bis hundert Millionen Gulden, die das Ganze nach der Berechnung des österreichischen Ingenieurs Pascher kosten wird, auch wohl zusammen.

Dabei hofft der französische Generalstabscapitain Roudaire auch noch seine zwanzig bis dreißig Millionen Franken für sein Sahara-Meer zu bekommen. Und die Amerikaner, mit ihrer Panama-Eisenbahn nicht zufrieden, wollen nun auch mit ihrem den Atlantischen und Großen Ocean verbindenden Tunnel Ernst machen. Auch kommt’s noch größer; denn „es wächst der Mensch mit seinen Zwecken“.

H. B.

Ein Schwindel ohne Gleichen. Leider war auch das der Gartenlaube nur beigelegte, mit der Redaction und Expedition derselben nicht in dem geringsten Zusammenhange stehende Insertionsblatt „Allgemeine Anzeigen zur Gartenlaube“ dazu ausersehen, einem Schwindel zur Ankündigung zu dienen, wie er frecher vielleicht noch nicht dagewesen ist. Aufmerksam auf denselben wurden wir durch eine kleine Waarensendung aus der Schweiz gemacht, welcher folgende „Warnung“ beilag:

„Wir warnen die geehrten Abonnenten der Gartenlaube vor den verlockenden Waarenanpreisungen des ‚Anton Rix, Praterstraße 16, Wien‘ (auch vereinigte Industrie-Halle oder Au bon Marché), da man von demselben unter aller Kritik angeschwindelt wird.

J. Leuthold
in Zurzach (Schweiz).“

Wir verglichen nun die gedruckten Ankündigungen mit den eingesandten Waaren, die Herr J. Leuthold für sein gutes Geld (zwanzig Franken) von der genannten Firma erhalten hatte und können nicht umhin, auszusprechen, daß hier offenbarer Hohn mit dem Schwindel verbunden ist. In der Ankündigung steht z. B.: „1 Taschenuhr, welche präcise vorwärts geht, sammt Uhrkette“ – und in einem Pappschächtelchen finden wir eine kleine Kinderspiel-Uhr, wie sie Jahrmarktsbuden „Stück für Stück einen Groschen“ bieten; – „2 Stück prachtvolle Wiener Oelgemälde sammt Goldrahmen“ werden durch zwei kleine Oeldrucksudeleien in Papiermaché-Rähmchen vertreten; ebenso schlimm stellt sich „1 prachtvolles Photographie-Album mit reicher Goldverzierung“ und der gesammte übrige Plunder dar.

Wir machen darauf aufmerksam, daß dieselbe Firma in demselben Blatte noch „Talmi-Gold-Schmuck für die Ewigkeit“ (Unterschrift: „Rix, Uhren-Fabriks-Niederlage, vereinigte Industriehalle, Wien, Praterstr. 16“), ferner: „Praktische Erfindungen, Bartzwiebel“, desgleichen: „Wiener Meerschaum-Bazar (Au bon Marché, Wien I., Adlergasse 12)“ und (ebendaselbst) abermals neue Erfindungen von Meerschaum, Talmi-Uhren und Haarpflanzen ankündigt, deren Erprobung wir allerdings solchen Käufern überlassen müssen, welche ihr Geld an derlei „billige Erwerbungen“ wagen wollen.


Der in Nr. 11 der Gartenlaube in dem Artikel über den Feldmarschall Grafen Wrangel erwähnte Officier, der sich bei der Belagerung von Straßburg so sehr ausgezeichnet hatte, gehörte nicht der bekannten freiherrlichen Familie von Ledebur an, sondern hieß Alwin Ledebour. Er diente früher im hannoverschen Ingenieurcorps und trat 1867 in die preußische Armee ein. Derselbe war nicht, wie in unserm Artikel erwähnt worden, während der Vernichtung der Minengänge verwundet worden, sondern vorher schon, wenn auch sehr leicht, bei einer Recognoscirung und das zweite Mal am Vorabend der Capitulation von Straßburg, als er die Aufwerfung eines Dammes entlang des Grabengürtels beaufsichtigte. Trotz der aufopferndsten Pflege bei einem Herrn von X. in Karlsruhe konnte sein durch die außerordentlichen Strapazen geschwächter Körper den Folgen der immerhin leichten Verwundung nicht widerstehen; er starb am 22. October 1870. Das Ingenieurcorps hatte den Leichnam des braven Cameraden nach Straßburg bringen zu lassen beabsichtigt, wo allen während der Belagerung gefallenen oder später an den Wunden gestorbenen Cameraden ein gemeinschaftliches Denkmal gesetzt werden sollte. Wegen der Schwierigkeit in der Ausführung zerschlug sich dieser Plan und so ließ daß Officiercorps dem Tapfern später in Karlsruhe ein Denkmal setzen, zu dem Vater Wrangel den erwähnten Beitrag gegeben hatte. Dies zur Ergänzung und Berichtigung.


Zur gefälligen Notiznahme. Auf die mannigfach an uns ergangenen Anfragen bezüglich des Erscheinens der neuesten Erzählung von E. Marlitt erlauben wir uns zu erwidern, daß die Dichterin sehr bedauert, in Folge von eigenem Leiden und Krankheit in ihrer nächsten Umgebung an der Erfüllung ihres Versprechens bisher verhindert worden zu sein. Wir sind indessen in der angenehmen Lage, versichern zu können, daß die Marlitt’sche Novelle ihrer Vollendung bereits erheblich nahe geführt worden und daß der Druck derselben – die Dichterin möchte aus inneren Gründen das Manuscript nicht unvollendet aus Hand geben – in nicht allzu ferner Zeit bestimmt beginnen wird.

Die Redaction.

Kleiner Briefkasten.

Frau v. L. in Petersburg. Bei der Zimmercultur ist ein Einfachwerden der Blumen gefüllter Camelien seltener, als ein Kleinerwerden derselben. Die Camelie bildet im Zimmer schwache, kurze Triebe, oft zur ungünstigen Winterzeit, blüht zu viel und wird so geschwächt. In diesem Falle muß von Zeit zu Zeit ein Verjüngen durch Zurückschneiden aller Triebe stattfinden, so daß an jedem Zweige nur einige Blätter bleiben. Sicherer ist es, dann die Pflanzen in das Treibhaus eines Gärtners zu geben, bis der neue Trieb vollendet. Das Umpflanzen geschieht besser im August, als im Frühlinge, und nur alle drei Jahre. Manchen Wink über Zimmerblumen finden Sie in Nr. 17 des laufenden Jahrgangs unseres Blattes in dem Artikel „Der Pflanzenschmuck der Wohnungen“ von H. Jäger in Eisenach, Ausführliches darüber aber in dessen Buche, „Die Zimmer- und Hausgärtnerei“, von dem jetzt eine neue Auflage ausgegeben wird. –

Daß der Pastor an der lutherischen Petri-Kirche in Petersburg neulich den Confirmanden das Versprechen abgenommen hat, die „Gartenlaube“ nicht zu lesen, hat uns sehr amüsirt. Die schwarzen Herren treiben eben überall das Handwerk der Unduldsamkeit.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_360.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2017)