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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Zufall, wie jener, der mich hergeführt, eintrete, nach Genua gesendet werden, wo eine deutsche Dame die Gefälligkeit habe, sie zu übersetzen. Er müsse jetzt den Leipzigern antworten; ob sie italienisch verständen, wisse er nicht, französisch möge er nicht gern antworten. Er werde mir daher eine Antwort italienisch dictiren, und ich solle sie deutsch niederschreiben. So geschah es. Die Antwort habe ich mit nach Florenz genommen und von dort sogleich an Dr. Joseph nach Leipzig abgesendet. Garibaldi sagte, Ricciotti müsse durchaus deutsch lernen, da er schon englisch verstehe, werde es ihm nicht zu schwer werden.

Garibaldi’s Krankenlager auf der Insel Caprera.
Nach einer Original-Photographie mit Garibaldis eigener Unterschrift.

Nachdem ich längere Zeit über verschiedene Angelegenheiten verhandelt, sagte der General, er müsse mir nun auch zeigen, wie er gehe. Ich half ihm aufstehen, gab ihm seine Krücken, und er humpelte vor mir her, durch mehrere Zimmer und in die Küche. Die Sache ging zur Zufriedenheit. Mit der Sardegna war auch ein Paar neuer Krücken angekommen. Bei der Probe, die am 16. mit ihnen vorgenommen wurde, ereignete sich leider der Unfall, daß der General hinfiel, glücklicherweise ohne sich Schaden zu thun; die neuen Krücken erwiesen sich als zu lang, und es mußte vorläufig auf die alten zurückgegangen werden.

Man gab mir noch ein paar deutsche Briefe, die ich übersetzen oder deren Inhalt ich angeben sollte. In dem einen verlangte ein junger Mann aus Hamburg, gestützt auf die edlen Gesinnungen und Thaten des „Herrn Garibaldi“, irgend eine Beschäftigung von diesem, da ihm in der letzten Zeit Alles schief gegangen sei. In dem andern versicherte ein Wiener Doctor, daß er im Besitz eines ganz unfehlbaren Mittels sei, alle Gicht zu curiren. Erst nachdem ihm 600 Curen gelungen, wage er es, dem Helden Italiens seine Dienste anzubieten. Die sämmtlichen Aerzte Garibaldi’s sollten etwa 50 Gichtkranke versammeln, die Heilung vorbereiten, er werde sie vollenden. Das Resultat solle dann vor den Augen des erstaunten Europa enthüllt werden; das Geheimniß aber, welches die österreichische Regierung dem Erfinder gegenwärtig abzudringen suche – nicht. Um schnellste Antwort ward ersucht, weil der Erfinder jetzt noch am besten abkommen könne.

Soviel ich weiß, hat man meinen Rath befolgt, diese beiden Schreiben ohne Antwort zu lassen. In dem Antworten – zum Theil auf blühenden Unsinn – ist Garibaldi viel zu gutmüthig. Mögen die Andern machen, was sie wollen, aber in Deutschland sollte Jedermann darauf hinarbeiten, Garibaldi von den Zudringlichkeiten deutscher Abenteurer aller Art frei zu halten, welche dem deutschen Namen keine Ehre bringen können.

Als am Abend das Wetter ein wenig besser geworden war, besah ich mir den nördlichen Theil der Insel und pflückte einige Blumen und Blätter als ein Andenken, mit welchem ich später vielleicht Freunden eine Freude machen kann.

Am andern Morgen (16. Februar) war ich eben beim Frühstück und in lebendiger Unterhaltung mit den übrigen anwesenden Insulanern, als der General herein gehumpelt kam und sich bei uns niederließ. Bruzzesi und ich lasen die verschiedenen neuesten telegraphischen Depeschen von einiger Bedeutung vor, welche wir fanden, insbesondere diejenigen, welche über Polen etwas sagten. Nachher ward der Katalog der letzten Londoner Weltausstellung hervorgeholt, in welchem der General die Ackerbaumaschinen suchte, mit besonderer Rücksicht auf diejenige, welche auf der Sardegna für ihn angekommen war. Ricciotti, der Mechaniker und Wegbaumeister der Insel, mußte über die vorgefundenen Zeichnungen Aufklärungen geben.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_237.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)