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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

um nachzusehen, ob er nicht vielleicht einen Hirsch darin fände und ihn anspringen könnte.

Aus diesem Grund machte ich gar keinen Versuch, mit der Pfanne hinauszugehen, und erst den letzten Abend, als wir vergebens die mondhellen Nächte auf dem Anstand gesessen, und durch die ganze Gesellschaft erst eine einzige Hyäne erlegt war, holte ich den mitgenommenen Kien vor. An dem nämlichen Morgen war überdies ein Stück Vieh nicht weit hinter unserem Lager gefallen, und es ließ sich denken, daß sich die Bestien rasch darüber hermachen würden. Der Mond war jetzt ebenfalls im Abnehmen und ging erst etwa um elf Uhr auf – Zeit genug also bis dahin, um einen Versuch zu machen.

Dicht hinter unserem Lager befand sich ein mit rauhen Granitblöcken von allen Größen wild überstreuter Platz, den ich passiren mußte, um zu der Stelle zu kommen, wo das gefallene Rind lag. Hier war mir der Wind auch nicht günstig; ich achtete aber nicht darauf, weil ich die Raubthiere alle an jener Stelle glaubte. Mit der Pfanne, in welcher der brennende Kien loderte, auf dem Rücken, einen Sack mit gespaltenem Kien zum Nachlegen umgehängt, die Büchse in der Hand, stieg ich langsam in die Felsen hinein, und „suchte“ noch nicht einmal.

Man „sucht“ nämlich bei der Fackeljagd dadurch, daß man den Schatten des eigenen Kopfes – der durch die hinten getragene Flamme nach vorn fällt – überall langsam im Kreis umhergleiten läßt, denn nur in diesem Schatten oder unmittelbar daneben leuchten die Lichter des Wildes (der Jagdausdruck „Licht“ paßt bei dieser Jagd wirklich vortrefflich). Der Boden war hier auch sehr rauh, und ich hatte genug zu thun auf den Weg zu sehen, als ich, kaum fünfzig Schritt vom Lager entfernt, zufällig einmal emporschaute und dicht vor mir nicht allein die blitzenden Augen einer Hyäne leuchten sah, sondern sogar die ganze ekle, in der Flamme lichtgelb aussehende Gestalt der Bestie erkannte. Sie stand kaum zehn Schritt vor mir und hatte mich wahrscheinlich schon eine ganze Weile betrachtet.

Ueberrascht fuhr ich mit der Büchse in die Höhe; die Bestie war aber zu nah, in dieser Entfernung lange auszuhalten. Ehe ich zielen konnte, glitt der helle Körper zwischen die Felsbrocken hinein, und eine halbe Minute später vielleicht sah ich auf etwa fünfzig Schritt Entfernung erst die Lichter wieder scheinen.

Hätt’ ich mir Zeit genommen, so mußte ich ihr die Kugel jetzt mitten dazwischen hineinsetzen, so aber war ich zu hitzig geworden, zielte rasch und drückte ab, und mit dem Knall war die Bestie verschwunden. Jedenfalls schoß ich zu hoch. Ich hatte in der That gar nicht darauf gerechnet, zum Schuß zu kommen, und deshalb meine Kugeltasche sogar im Zelt gelassen. Jetzt sprang ich rasch genug zurück, sie zu holen und den abgeschossenen Lauf wieder zu laden, und umging diesmal den steinigen Platz, um mit besserem Wind der Hyäne in den Rücken zu kommen.

Der Platz, wo der gefallene Stier gelegen – denn seit Dunkelwerden hatten ihn diese gefräßigen Bestien schon total verzehrt oder zerrissen und in das Dickicht geschleppt – war eine kleine offene Wiese, von vielleicht zweihundert Schritt im Durchmesser, und hier begegnete ich zuerst einem der keinen Schakals, die kaum etwas größer als ein starker Fuchs sind. Er sah mich mit den kleinen brennenden Lichtern einen Moment scharf an, verschwand dann aber im Nu und ließ sich, obgleich ich überall aufmerksam absuchte, nirgends wieder blicken. Er hatte die Flamme außerordentlich übel genommen. Weiter durch die Büsche gehend traf ich wieder auf die Lichter einer Hyäne, die mich lange und aufmerksam anglotzte. Die Lichter standen aber noch zu nah zusammen; sie war zu weit entfernt, und als ich sie angehen wollte, wich sie furchtsam zurück, verschwand für wenige Minuten und tauchte viel weiter zurück wieder auf. Ich folgte ihr auch dahin, aber sie kreuzte jetzt eine dicht mit Dornbüschen bewachsene Schlucht, und dahin konnte ich ihr nicht mit der Pfanne nachgehen, denn die stachligen Zweige hätten mir die brennenden Kienspähne bei jedem Schritt hinabgeworfen. Ich suchte nachher noch einen großen Theil der Hochebene ab, ob sich nicht vielleicht ein anderes Raubthier in die Nähe der menschlichen Wohnungen gezogen hätte, aber es blieb Alles leer und dunkel, und ich mußte endlich, als mein mitgenommener Kienvorrath verbrannt war, unverrichteter Sache wieder umkehren.

Am nächsten Morgen brachen wir zurück nach Munkullo auf. Ich hatte aber doch jetzt den Beweis bekommen, daß es in Afrika möglich sei, auf Raubthiere mit Feuer auszugehen, und wenn unsere Zeit dort auch nur auf zwei Nächte beschränkt war, wollte ich doch noch wenigstens einen Versuch machen.

Am ersten Abend war ich zu erschöpft, denn ich hatte den ganzen Tag durch die glühende Samhera gepirscht und kam erst etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang mit einem tüchtigen Semaringibock in Munkullo an. Am nächsten Tag bereitete ich aber Alles vor, und da Fürst Hohenlohe der nächtlichen Suche gern einmal beiwohnen wollte, holte ich ihn etwa elf Uhr Nachts ab, wo die Hunde zum ersten Mal anschlugen, und ich also wußte, daß sich unsere nächtlichen Besucher wieder eingefunden.

Schon als ich mit der Fackel nach den nächsten Gebäuden hinüberging, sah ich die Lichter von zwei Hyänen scheinen, die etwa zweihundert Schritt entfernt sein mochten und die Flamme erstaunt anstarrten. Ich ließ sie aber noch unbelästigt stehen und suchte dann, etwa zehn Minuten später, mit dem Fürsten zusammen, und jetzt mit gutem Winde, den Platz wieder ab, ohne sie gleich wieder zu finden. Etwas weiter hin trafen wir aber eine andere Hyäne, der wir jetzt mit aller Vorsicht und gutem Winde anzukommen suchten – umsonst. Die Bestie wich scheu vor uns zurück, hielt bis auf etwa hundert Schritt und drehte dann den Kopf ab, um nach einer Weile wieder eine Strecke entfernt auf’s Neue herüber zu starren.

Um das Lager herum machten wir jetzt einen Bogen und trafen nach kaum einer Viertelstunde wieder eine Hyäne, die uns gerade so behandelte. Sie ließ sich das Licht nicht gefallen, obgleich nichts auf dieser Jagd Nöthiges versäumt und jede Regel befolgt wurde. Allerdings ging der Fürst vor mir her, weil ich mit der Flamme hinter ihm bleiben mußte, damit er die Augen konnte leuchten sehen, und es mag vielleicht sein, daß die Bestien dadurch die Umrisse der von der Flamme erleuchteten Gestalt zu deutlich sahen, aber anderthalb Stunden wanderten wir etwa herum, ohne zum Schuß zu kommen, und gaben die Jagd endlich in Verzweiflung auf.

Ich begleitete den Fürsten mit der Fackel bis zu seiner Wohnung, denn die Nacht war stockdunkel, und kehrte dann nach meinem eigenen Zelt zurück, um mich ebenfalls schlafen zu legen.

Die Entfernung zwischen den beiden Häusergruppen betrug etwa vier- bis fünfhundert Schritt – vielleicht etwas mehr durch die vollkommen flache, nur mit einzelnen niedrigen Büschen bewachsene Ebene, und gleich dicht an den Häusern traf ich wieder einen der keinen Schakals, der aber ebenfalls nicht Stand hielt und im Nu verschwand. Ich hatte nur für einen Moment seine Lichter blitzen sehen. Ich kümmerte mich auch weiter nicht um ihn, sondern legte nur frischen Kien auf, um meinen Weg zurück zu finden, und schritt dann rasch den andern Häusern zu. Noch hundertundfunfzig Schritt mochte ich etwa davon entfernt sein, als ich plötzlich wieder die zwei Paar Lichter vor mir sah, die ich schon früher einmal getroffen. Ich hatte nun heute Abend nur meine Zündnadelflinte mitgenommen und grobe Hasenschrotpatronen darin, weil ich den Fürsten zum Schuß zu bringen hoffte. Die Patronen halten aber tüchtig zusammen, und ich suchte an die jetzt stehenden Hyänen heranzukommen. So wie ich aber die Flinte mit der rechten Hand in die Höhe hob, setzten sich die Thiere wieder in Bewegung, und so dicht war ich jetzt an die eine Hyäne herangekommen, daß ich den lichten Schein ihres Körpers erkannte, wie sie, den Kopf mir zugedreht, etwa funfzig Schritt fortgaloppirte. Dort blieb sie wieder stehen, die beiden großen Lichter leuchteten wie ein Paar glühende Kohlen, der Wind war ebenfalls günstig; ich hielt rechts von ihr ab, als ob ich mit der Fackel an ihr vorübergehen wollte, die Flinte dabei schon vorn in die Gabel des Brets gelegt, und als ich mich jetzt, selbst für einen Schrotschuß, nah genug wußte, drückte ich ab.

Fast mit dem Schuß verschwanden die Lichter, aber ich sah für einen Moment den glühenden Schein am Boden, und als ich rasch darauf zuging, lag die Hyäne, ein großes, ekles Weibchen, mit blutigem, schäumenden Gebiß verendet am Boden. Sie zuckte wenigstens nicht einmal mehr. Die Augen blitzten mich aber noch so tückisch an, daß ich, um ganz sicher zu sein, ihr auch noch den zweiten Schrotlauf gab und sie dann liegen ließ und zu Bett ging. Die zweite Hyäne war nach dem Schuß verschwunden.

Irgend ein anderes erlegtes Thier wäre nun von diesen Bestien schon vor Tagesanbruch vollständig zerrissen und verzehrt gewesen. Ihr eigenes Geschlecht rühren sie aber nicht an, bis es wirklich in Verwesung übergeht und den ihm eigenthümlichen Geruch

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