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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

nicht groß war und zum größten Theil aus dem schon erwähnten, ziemlich steil abfallenden Grunde bestand, den kleineren Theil dagegen das hochwaldbestandene Plateau ausmachte, wo sämmtliches Wild seinen Hauptstand hatte, so hatte man den Theil am Grunde hin quer durchgestellt, während die drei anderen Seiten die Thiergartenvermachung bildete. Auf der den gestellten Netzen gegenüberliegenden Seite befand sich überdies außer dem Zaune noch ein Stück Ackerland, das, für den Futterbedarf des Wildes bestimmt, ebenfalls Vermachung hatte. An dieses Ackerstück, natürlich innerhalb des Wildparkes, wurden nun die Leute angelegt, und das erste möglichst ruhig gehaltene Treiben begann. Das Wild war schon ziemlich rege, da es, das sonst so ungestörte, ängstlich die ihm fremden Anstalten betrachtete. Während sich das meiste Damwild bei diesem ersten Anlaß schlau durch die Treiberlinie an den Seiten drückte, wurde der Trupp Hochwild, irre ich nicht, achtundzwanzig Stück, flüchtig und zwar gerade auf die Netze zu.

Das Einfangen des Wildes.

Doch hier angekommen, prallten sie zurück, machten Kehrt und durchbrachen in stürmendem, unaufhaltsamem Lauf die Treiberlinie, ihrem gewohnten Stande zufliehend. Hier Halt machend, äugten sie in nun schon höchst erregtem Zustande auf die jetzt am Zaune hinschreitenden Menschen, die, um sie abermals zu treiben, sich von Neuem anlegen mußten. Diesmal ließ sich der Trupp, dem sich nun auch Damwild beigesellte, nicht lange nöthigen, und donnernden Laufes stürzten die Massen abermals auf gewohntem Wechsel dem Grunde zu, den heute die hemmenden Netze versperrten. Jetzt unternahm es ein Hirsch, in rasendem Anlauf die Netze zu überfallen. Doch da dieselben so hoch gestellt waren, daß dies Wagniß selbst einem Hirsch nicht so leicht gelingen konnte, so flog er in die Banden hinein, die ihn, indem er sie herabriß, nebst zwei ihm auf den Fersen gefolgten Stück Wild deckten. Wie Sturmwind ging der Troß über die Gefallenen dahin, und in ungeheueren Bogensätzen die Cameraden und die sie fesselnden Garne überfliegend, drängte sich Hoch- und Damwild dicht zusammen und floh in tollster Hast, manche sich dabei überstürzend, hinab in den Grund, um sofort die andere Höhenseite emporzuhetzen, wo ihnen die jenseitige Planke des Thiergartens Stillstand gebot.

Unterdessen warf sich, was Hände hatte, auf die Gefangenen, um sie aus ihren Banden zu befreien und dafür in die schon bereit stehenden Transportkästen zu stecken. Dem Hirsch wurde nun erst das Geweih, welches er noch trug, abgesägt, weil er sonst in seinem engen Gefängniß nicht Raum genug gehabt haben würde. Man stelle sich nur vor, wie einem Hirsche, den niemals eine

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_389.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)