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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

bekanntlich die Holländer excelliren. Er bildet ein von Ost nach West gestrecktes Oblong, welches in der Mitte durch einen breiten überbrückten schiffbaren Canal in zwei ungleiche Hälften getheilt wird. Von der Westseite eintretend (Entréegeld dreizehn Silbergroschen, ausgenommen Actionäre und Abonnenten), finden wir zuerst rechts eine sehr gute geräumige Garten-Restauration mit Salon und Orchester, sowie das von derselben Gesellschaft angelegte Museum für getrocknete oder in Weingeist bewahrte Präparate (seltne Fische u. dgl.), womit allerlei zur Völkerkunde gehörige Merkwürdigkeiten ausgestellt sind, besonders aus der ostindischen Inselwelt. Die linke Seite der vorderen Abtheilung und die ganze hintere (östliche) sind mit den lebenden Thieren bevölkert, welche, wie in London, jedes nach seiner Eigenthümlichkeit ein Hüttchen mit freiem Weideraum oder einem Bassin davor, oder gemeinsame Häuser, Volièren etc. bewohnen. Es fehlt weder an Riesenthieren (mehrere Giraffen, Elephanten, Dromedare, Känguru’s, Strauße etc.), noch an einer reichen Auswahl der kleineren Geschöpfe (z. B. der Tauben- und Hühnervögel, der Antilopen etc.), darunter vieles ganz Seltene. Viele und kostbare Exemplare sind Geschenke reicher Kauf- oder Schiffsherren.

3. In Antwerpen.

Der Antwerpener Thierzwinger (Deertuin), jedenfalls der anmuthigste Fleck dieser so reichen und doch so langweiligen Stadt, wurde von der dortigen „Gesellschaft für Zoologie“ gegründet, von welcher Gelehrte und Laien Theilnehmer sind. Man benutzte zu seiner Gründung die Sammlungen und die Kenntnisse eines gewiegten Zoologen, Jacques Kets, welcher als Director auf Lebenszeit, mit seinem Neffen als Adjunct, angestellt ist. Das umfangreiche Terrain wurde von der Gesellschaft angekauft.

Dieser Garten liegt außerhalb der Festungswerke längs der Eisenbahn und dicht neben der Station, sehr bequem für Reisende zur Ausfüllung eines Wartestündchens. Er bildet eine der geschmackvollsten Garten- und Parkanlagen mit anmuthiger Abwechselung von Garten, Wiese, Busch und Behausungen, letztere natürlich vorzugsweise für die Thiere. Doch befindet sich inmitten des Gartens auch eine stattliche und elegante Restauration, in welcher oft Concerte abgehalten werden. Beim Eintritt wird man von einer schnatternden Papageien-Allee empfangen, wo zwischen jedem Baum ein Kakadu oder anderer Schwätzer sich schaukelt oder brüstet. Sehr nett ist der langhin sich schlängelnde Teich, welchen Schaaren von Wasservögeln bedecken. Nicht weit davon haust Braun der Bär in einer aus Felsenstücken möglichst natürlich nachgeahmten Grotte, in welche man von oben und unten hineinschauen kann. Besonders selten erschienen mir mehrere der Raubvögel, darunter ein Adler vom Senegal (Aquila occipitalis), welcher in seinem Kopfschmuck ganz wie ein prangender Indianer-Häuptling aussah. Von größeren Thieren: ein Paar Elephanten, Strauße, eine Giraffe, ein weißes Dromedar, Zebra’s etc., ebenfalls viel werthvolle Geschenke. – Mit diesem Garten ist ein Museum ausgestopfter Thiere verbunden.

Außerdem bestehen noch in Brüssel und Gent, sowie in Marseille zoologische Gärten, welche ich nicht besuchen konnte.


4. In Berlin.

Der Berliner zoologische Garten wurde 1844 ebenfalls von einem Actienverein gestiftet, der sodann die bekannte zoologische Gesellschaft bildete. Doch betheiligte sich hier die Regierung bedeutend mit, indem der König Friedrich Wilhelm das gesammte Areal (einen Theil der ehemaligen Fasanerie) am Ende des unter dem Namen Thiergarten bekannten Lustwaldes, von mehr als 86 Morgen Inhalt, dazu abtrat, auch eine bedeutende Geldsumme (25,000 Thaler) zur Begründung vorschoß und die bis dahin auf der Pfaueninsel verwahrten Thiere dorthin versetzen ließ. – Dieser Garten ist wohl den meisten Lesern durch Anschauung bekannt, daher ich ihn nur kurz berühre. Er bildet eine erquickende Wald- und Wiesenpartie und enthält manche seltene Thierarten, besonders ein gefülltes und immer vom Publicum bevorzugtes Asienhäuschen, stattliche Raubthiere, Hirsche, Rennthier, Elephant, Strauß, Lama u. A. m.

Nach den neuesten Berliner Blättern haben die Thiere Anfangs Mai d. J. ihre Sommerquartiere bezogen. Die während des Herbstes und diesjährigen Frühlings vollendeten Neubauten und Einrichtungen gereichen der schönen Anlage zu großer Zierde. Der Elephant hat ein neues, in mittelalterlichem Styl erbautes Haus erhalten, das er mit den Kameelen theilt. Drei sich an den Bau anschließende umgitterte Höfe sind für die kolossalen Thiere zur Villeggiatur bestimmt. Der Besuch ist in erfreulicher Zunahme.


5. In Frankfurt am Main.

In Frankfurt a. M. ist der zoologische Garten ganz neuerlich, im October 1857, durch eine Actiengesellschaft mit einem Capital von 100,000 Gulden gegründet und am 8. August 1858 eröffnet worden. Das Local (vorläufig nur ein ermiethetes) liegt in einer eleganten Vorstadt an der Bockenheimer Chaussee mitten zwischen den Villa’s der reichen Geldleute und erstreckt sich von da weit in’s Feld hinaus. Dabei fehlt es ihm zum Theil noch an erquickendem Schatten, obschon einige stattliche alte Bäume von früher vorhanden sind. Geschmackvolle Gartenanlagen wechseln mit den für die Thiere bestimmten Weideräumen und Gebäuden ab. Von einer künstlichen Erhöhung aus genießt man eine freie Aussicht nach dem lieblichen Taunusgebirge. Eine sehr gute Restauration, woselbst wöchentlich Gartenconcert für die Abonnenten stattfindet, trägt dazu bei, diesen Ort zu dem angenehmsten und gesuchtesten Vergnügungsort zu machen, welchen man dermalen in Frankfurt findet; denn die schöngelegene Mainlust ist eingegangen und Kaserne geworden! Die Thiersammlung betrug zu Anfang dieses Jahres schon über 700 Wirbelthiere, darunter 69 Säugethiere in 124 Exemplaren: ein Affensalon, ein Löwenzwinger, Kameele (das ein- und das zweihöckerige), Hirsche, Antilopen, Lama’s, Raubthiere und Vögel in Menge. Vieles davon ist Geschenk, von Privatleuten sowohl, als von hohen Herren; über sechzig Schenker haben in dieser kurzen Zeit zwischen ein- und zweihundert Thiere und eine achtbare Menge Pflanzen an den Garten geschenkt. Unter ersteren sind zwar die Mehrzahl Vögel, aber auch viele große und werthvolle Säugethiere und Amphibien, z. B. siebzehn Hirsch- und drei Reharten, fünf Ziegen, eine Antilope, zwei Kameele, drei Nasenbären, vier Hunde und Wölfe, fünf Schildkröten, ein Krokodil, fünf Schlangen etc. Auch wurden schon 144 Doubletten versteigert (besonders Tauben- und Hühnervögel), um von Privatleuten forterzogen und akklimatisirt zu werden.

Der Garten zählt auch schon mehrere Eingeborene. – Eins der erfreulichsten Ergebnisse desselben ist aber das von dem Secretair der zoologischen Gesellschaft, Dr. Weinland, seit dem ersten October vorigen Jahres herausgegebene, mit feinen, naturtreuen Holzschnitten verzierte Journal: „Der zoologische Garten“ (Frkft. bei Sauerländer, Heft 1 bis 6), in welchem außer den Vereinsangelegenheiten die Naturgeschichte und Lebensweise der im zoologischen Garten befindlichen Thiere, die Akklimatisirung derselben und die Ereignisse auswärtiger Thiergärten sehr instructiv besprochen werden.


6. In Paris.

Der Pariser zoologische Garten hat einen anderen Ursprung als die bisher genannten. Er wurde während der Revolution 1794 gegründet durch Verpflanzung einer in Versailles befindlichen Menagerie nach dem Jardin des plantes in Paris, und wuchs dort rasch durch freiwillige Geschenke und durch die Zuschüsse der politisch so verschiedenartigen Regierungen und der Pariser Stadtgemeinde. Er steht den ganzen Tag über für Jedermann offen, gleich dem Pflanzengarten selbst, welcher außer den zahllosen cultivirten Pflanzenarten noch die sämmtlichen reichen naturgeschichtlichen Sammlungen in stattlichen Gebäuden umfaßt. So bildet er einen Erholungs- und Unterhaltungsort für Jung und Alt aus allen Ständen, der niemals leer steht. Jeder sucht sich hier seine Lieblinge aus der Thierwelt aus und beschenkt sie nach Belieben. Den meisten Anhang haben in dieser Hinsicht die Bären, welche in geräumigen tiefen Gruben ihre Höhlen haben, aus denen das oben um die Brustwehr stehende Publicum sie mit ihrem gemeinsamen Namen „Martin“ herausruft. Sie sind durch täglichen Umgang mit den Gamins so zu sagen verparisert worden, erscheinen auf den Ruf, machen ihre Kunststückchen und bitten schließlich um ein Douceur „wie ein Zweibeiniger“ oder richtiger besagt, als ein solcher; denn sie stehen dabei in der Prärogativ-Stellung

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_361.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)