Seite:Die Gartenlaube (1860) 124.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

Ermordung Andreas Hofer’s.
Originalzeichnung von H. Plüddemann.

Erzherzogs, rückten sie dem Feinde entgegen. Der Abzug der österreichischen Truppen machte sie nicht muthlos, nur um so kühner; sie vertrauten der eigenen Kraft. Der Herzog von Danzig, welcher sich vom Elsasser Müllerburschen bis zum Marschall von Frankreich emporgeschwungen, erfuhr, mit welch einem gefährlichen Gegner er es zu thun hatte. Er wünschte sich die österreichischen Generäle zurück, von deren Talenten er eine nur sehr geringe Meinung hatte. „I wollt’,“ rief er in seinem derben elsassischen Dialekt, „sie wäret not herinne, die Confusionsräth.“

Hofer und Speckbacher, im Verein mit dem Kapuziner Haspinger, dem Rothbart, waren Meister des Gebirgskrieges; wo sie sich zeigten, war der Sieg mit ihnen.

Eine furchtbare Niederlage erlitten die damals mit den Franzosen verbündeten Sachsen, welche sich durch ihre Tapferkeit und Menschlichkeit in dem Tyroler Kriege auszeichneten und zum Dank von Napoleon stets der größten Gefahr ausgesetzt wurden. Hinter dem Dörfchen Mittewald, zwischen waldgekrönten Bergen, erwarteten achthundert Tyrolerschützen den anrückenden Feind unter dem Befehle des Generals Rouyer. Der größte Theil seiner Truppen bestand aus den braven Sachsen, welche muthig und sorglos vorrückten. Ein achtzigjähriger Tyroler gab das Beispiel für alle seine jüngeren Waffenbrüder; er richtete seinen Stutzen vorzugsweise auf die sächsischen Officiere. Endlich auf seinem Felsen umgangen und von hinten, wie von vorn angegriffen, schleuderte er die Büchse von sich, packte einen feindlichen Soldaten mit noch immer kräftigen Armen und stürzte sich mit ihm: „Juchhe! in Gottes Namen!“ – rufend, in den tiefen Abgrund. Das war noch nicht das Schrecklichste.

Die Tyroler hatten sich hinter den Felsen verborgen, an deren steiler Wand die Straße hinläuft, welche der Feind passiren mußte; auf der andern Seite schäumte die wilde, durch Regengüsse angeschwollene Eisack, über die hier beim Laditschpasse eine hölzerne Brücke führt. Hohe schwarze Lärchbäume waren oben gefällt, mit Wieden aneinander gebunden, mit Erde, Gesträuch und schweren Steinen belastet, durch einige Seile an starke Tannen befestigt, wie eine drohende Wetterwolke von dem Berge niederschwebend. Jetzt zog in der Tiefe die feindliche Colonne vorüber. „Steffel! soll ich abhacken?“ tönte eine Stimme. „Noch nicht!“ lautete die Gegenrede.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_124.jpg&oldid=- (Version vom 21.8.2021)