Seite:Die Gartenlaube (1859) 235.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Sie kommt auch im Schatten fort, es hält aber schwer, sie unter Bäumen aufzubringen.

Die am schönsten blühende holzartige Laubenschlingpflanze ist die chinesische Glycine, Glycine oder Wistaria chinensis, mit schön gefiederten Blättern und herrlichen blauen oder weißen, köstlich duftenden Blüthentrauben, die zierlich zwischen den jungen Blättern in die Laube herabhängen. Leider erfriert diese herrliche Pflanze zuweilen und muß daher wie Wein bedeckt werden. In Frankfurt a. M. sieht man sie noch 40 Fuß hohe Wände bekleiden. – Weniger bekannt, obgleich nicht viel weniger schön und gegen unser Klima härter, ist Wistaria frutescens (Glycine und Apios frutescens) aus Amerika. Sie beginnt zu blühen, wenn W. chinensis aufhört, und hat ebenfalls einen sehr angenehmen Geruch.

Die Waldrebenarten, nämlich Clematis viticella dunkelblau, C. viorna violett, C. vitalba, flammula und virginica weiß u. a. m., sind ungemein hübsch zu Lauben, leicht, dicht bekleidend und fast den ganzen Sommer blühend. Die beiden letztern haben einen köstlichen Geruch. Zu empfehlen sind ferner C. orientalis, glauca, crispa, cylindrica, reticulata, campaniflora, Simsii. Die Waldreben wachsen bis 30 Fuß hoch, lassen sich aber, da sie jedes Jahr bis auf älteres Holz zurücksterben und nie starke Stämme bilden, auch leicht niedrig halten. Das leichteste Laubengestelle von Draht ist stark genug, diese zarten luftigen Pflanzen zu tragen. Für kleine zierliche Lauben sind auch noch einige chinesische und japanische Waldreben mit viel prachtvolleren Blumen anwendbar; doch müssen sie bei uns im Winter gut mit Nadeln oder Moos gedeckt werden, gute lockere Erde und einen trocknen Standort haben. Die schönsten sind: Clematis florida plena, mit gefüllten weißen Blumen, Sieboldi (caerulea grandiflora), blanda, montana grandiflora etc. Hierher gehören auch die Alpenreben, Atragene alpina mit hellblauen und A. sibirica mit weiß und blauen Blumen. Beide blühen vor dem Clematis. Alle Waldreben, mit Ausnahme der chinesischen und japanischen, kommen auch im Schatten fort. Menispermum canadense und dahuricum sind hoch und schnell wachsende Schlingpflanzen, die wie Aristolochia angewendet werden können und auch dieser Pflanze ähnlich sind, jedoch kleinere Blätter haben. Sie erfrieren auch bei strengster Kälte nicht. – Die griechische Winde, Periploca graeca, hat herrliche, der bekannten Wachsblume (Hoya oder Asclepias carnosa) ähnliche Blumen von großer Schönheit. Sie eignet sich nur für die Seiten der Lauben, die, da die Zweige sich stark winden, senkrechte Stäbe oder Drähte haben müssen. Es ist gut, sie im Winter zu bedecken. – Das Geißblatt oder der Jelängerjelieber, Lonicera, wovon es viele, sämmtlich schön blühende Arten gibt, ist eine prächtige Schlingpflanze, die häufig an Lauben gezogen wird. Gleichwohl ist sie hierzu sehr unpassend, indem sie unten und inwendig stets kahl wird, und nur oben auf der Laube blüht, während unten und inwendig nichts als kahle und abgestorbene Zweige zu sehen sind. Auch verschlingen sich die Stengel büschelweise zu Stricken und Klumpen, wodurch Lücken entstehen, und die Laube immer verwildert aussieht. Will man Jelängerjelieber an Lauben anwenden, so muß man sie immer zurückschneiden und oft anbinden. Am schönsten sind sie noch an Gebüschlauben, wenn man sie frei zwischen den Zweigen anderer Sträucher wachsen läßt. – Den Baumwürger, Celastrus scandens, führe ich nur an, um von seiner Verwendung abzurathen.

Ein Laubengang von Weinreben.

Die alljährlich bis auf den Boden absterbenden, aber im Frühling wieder ausschlagenden krautartigen Schlingpflanzen eignen sich meist nur für kleine Lauben, da sie größere entweder nicht ganz oder erst im Spätsommer bekleiden. Gleichwohl sind viele ihrer schönen Blumen wegen schätzenswerth, bosonders wenn man sie mit holzartigen Schlingpflanzen zusammen anpflanzt. Alle haben windende Stengel, und die Lauben müssen demgemäß eingerichtet sein. Einige der schönsten sind folgende:

Die Knollenwicke, Apios tuberosa oder Glycine Apios, hat eine Knollenwurzel, die die unangenehme Eigenschaft hat, sich weit zu verbreiten und viele Ausläufer zu machen. Die röthlichen Blüthentrauben haben einen herrlichen Geruch und blühen im Spätsommer. Eignet sich zu den oben genannten Wistaria chinensis und W. frutescens, um die unteren kahlen Stellen der Lauben zu bekleiden. – Calystegia dahurica, hat Aehnlichkeit mit unserer überall an Zäunen und feuchten Plätzen wild wachsenden weißen Zaunwinde (C. Sepium), aber hellrothe größere Blumen und wächst bis 40 Fuß hoch, so daß eine Laube schnell damit zu bekleiden ist. So schön diese Pflanze ist, so hat sie doch die übele Eigenschaft, daß sie, einmal angepflanzt, nicht wieder auszurotten ist, so lange noch ein Stück Wurzel in der Erde bleibt. Diese Winde eignet sich zur Zusammenpflanzung mit stark wachsenden, unten leicht kahl werdenden holzartigen Laubenpflanzen, wo sie die leeren Stellen schnell deckt. Auch die gemeine weiße Zaunwinde, C. Sepium, verdient Beachtung und ist, wie die vorige, besonders schön an Gebüschlauben, wenn sie ungezwungen durch die Zweige klettert und so die nicht blühenden Gesträuche mit schönen Blüthen schmückt. Die schönste Art ist Calystegia rubescens fl. pl. mit gefüllten, rosenrothen Blumen. Diese hat das Gute, daß sie mehrere Tage blüht, während die einfachen nur den Vormittag blühen. Sie wächst 10–15 Fuß hoch. Die genannten drei Winden gedeihen gut im Schatten und sind vortrefflich, um Säulen davon zu bilden, indem man vom Dach der Lauben einen senkrechten Faden spannt.

Eine Umfriedigung.

Der sogenannte Schnellepheu, Mikania scandens (M. senecioides oder Senecio mikanioides) gleicht fast dem Epheu, hat aber weiche, weniger steife Blätter. Es gibt kaum eine Pflanze, mit der man schneller eine Laube beziehen könnte, sie paßt also besonders zu neuangelegten Lauben, an denen die später bleibenden holzartigen Schlingpflanzen noch klein sind. Vortrefflich ist sie an Balconlauben, wo man die Pflanzen in Gefäßen halten muß. Diese Pflanze hält unter trockner Bedeckung im Freien aus, doch ist es zweckmäßiger, kleine aus Stecklingen gezogene Pflanzen an einem frostfreien Orte im Topfe zu durchwintern. Sie gedeiht vorzüglich im Schatten. – Die fünfblättrige türkische Kresse oder Nasturtie, Tropaeolum pentaphyllum, ist eine der schönsten, am reichsten blühenden Schlingpflanzen, deren Knolle unter starker trockner Bedeckung im Freien aushält. Man thut indessen wohl, die Knollen im Herbst auszuheben, trocken und frostfrei bei den Georginen zu durchwintern und im Frühjahr in einen Topf zu pflanzen, damit sie Anfangs Mai schon ausgetrieben ist, weil die im Lande bleibenden Knollen oft spät austreiben. Diese zierliche Pflanze ist reizend an feinen Drahtlauben, allein oder zwischen anderen Schlingpflanzen.

2. Sträucher mit schlanken, dünnen Zweigen. Diese befestigen sich nicht von selbst an den Lauben, lassen sich aber willkürlich ziehen und leicht biegen, so daß sie an kleinere Lauben ganz vortrefflich sind. Sie haben fast alle schöne Blumen, und dies ist ihr Hauptvorzug. Hierher gehören vor Allem die Kletterrosen, d. h. Rosen mit langen, biegsamen Zweigen. Rosa arvensis wächst so hoch, daß sie nur an ganz hohen, großen Lauben zu gebrauchen ist, und wird leicht etwas zu üppig und wild. Die Tapetenrose, Rosa turbinata oder tugurionum, wächst 12–15 Fuß hoch, hat große, schwach gefüllte, rothe Blumen und blüht sehr reich. Die immergrüne Kletterrose, R. sempervirens (capreolata oder scandens), wovon es mehrere sehr schöne Spielarten mit weißen und rothen gefüllten Blumen gibt, wächst 10–15 Fuß hoch und blüht überaus reich und prächtig. Einige der prächtigsten Spielarten sind: Felicité perpétuelle, odoratissima, Ruga, virginalis superba. Diese Sorten erfrieren aber zuweilen, müssen im Winter bedeckt werden und es ist gut, stets einige davon in Töpfen zu haben, um die abgehenden ersetzen zu können. Rosa reclinata ist vortrefflich

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_235.jpg&oldid=- (Version vom 20.4.2023)