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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Uebergang über die Eiskante.

Willen gefehlt. Ich warf Hut und Stock in eine Ecke und begab mich auf mein Zimmer.

Ein Schreck ergriff mich, als ich am andern Morgen beim Erwachen in die Gegend hinausschaute. Der ganze Himmel grau, dabei der Glockner in allen Umrissen ganz deutlich und verdächtig nahe anzuschauen. – Indessen, die Sache konnte noch nicht aufgegeben werden. Ich wanderte hinauf zum Fleißner. Das ganze Haus war voll lustiger Leute, welche die Messe in der Capelle gehört, die oben in den Bergen liegt. Sehr munter, aber offenbar angeheitert, trat mir der Fleißner entgegen, auf seine Bekleidung zeigend, die allerdings anders, als am vorigen Tage, und offenbar besser zu einer solchen Bergpartie geeignet war. Wir kamen auf den vorigen Tag nicht weiter zurück, und es stand stillschweigend zwischen uns fest, daß heute, trotz des grauen Himmels, marschirt werden sollte. Punkt drei Uhr wollte er bei mir sein, ich sollte mich um nichts weiter bekümmern, für alles Zeug und die andern Führer wollte er sorgen. Auch die Verpflegung dieser wünschte er denselben selbst überlassen und statt dessen für einen jeden eine Zulage von einem Gulden.

Punkt drei Uhr erschien der Fleißner, aber allein, die beiden Andern sollten noch kommen. Der Eine war der berühmte Führer, der Eder, der Andere ein gemeinschaftlicher Verwandter von Beiden, der Tribusser, der schon mit Beiden oben gewesen. Jetzt erfuhr ich denn auch, weshalb der Fleißner am vorigen Tage nicht fortgewollt, und spätere Erfahrung zeigte mir, daß seine Behauptung ganz richtig war. Man kann nicht mit beliebigen Leuten die Sache unternehmen, es genügt nicht, daß die Führer festen Fuß und schwindelfreien Kopf haben, daß sie der Gletscherwanderung kundig sind. Sollen die Führer einen Andern nicht blos führen, sondern auch hinaufschaffen, so müssen sie die schwierigsten Passagen schon öfter miteinander gemacht haben und zur ganzen Sache miteinander eingearbeitet sein. Das war Tags zuvor nicht der Fall. Mit dem Eder zusammen fürchtete der Fleißner keine Gefahr.

Wir ordneten, was die andern Beiden nachbringen sollten, und bald nach drei Uhr ging ich mit dem Fleißner vorwärts. Der Weg führt durch die Wiesen des Dorfes über den Leiterbach und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_137.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)