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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

Hier spricht er: „Ja, ich werde sein,
Wie Du mich oft genannt im Hohne:
Ein Heiland ohne Heil’genschein,
Ein Heldenkönig ohne Krone!

      „Hier steht mein wack’res Kriegerheer!
      Du blickst mit Recht darauf verwundert;
      Denn trau’n, der Helden sind nicht mehr,
      Als wie Du siehst: ein Viertelhundert.

„Und dennoch werden sie die Welt
Gestalten neu in Blitzesschnelle,
Was ihnen auch entgegenstellt
Die Hölle und die Klosterzelle!

     „Ihr Feldgeschrei: „Es werde Licht!
      Macht um den Erdkreis kühn die Runde,
      Bis daß die letzte Fessel bricht
      Und alle Völker rings im Bunde!

„Denn tapfer, so wie sie, so treu
Noch keine je das Feld betraten:
Kaum aus der Schlacht, so steh’n sie neu
Gerüstet da zu frischen Thaten!

      „Ja, wisse, Weib: es ist vollbracht –
      Die große Schöpfung ist gelungen:
      Die Frucht so mancher langen Nacht
      Ist endlich an das Licht gedrungen!“

„Bekommst Du Geld nun, lieber Mann?“
„Was, Geld! Ich habe hier die Helden – –“
Da klopft es draußen hastig an
Und der Gerichtsfrohn that vermelden:

     „Da Ihr nicht zahlen könnt, so muß
      Ich jetzt Beschlag auf Alles legen.
      Was Euer ist, nach dem Beschluß
      Der Herren Schöppen. Von Rechtswegen!“ –

„Nun seh’ Eins dieses Helden Schmerz:
Wie düster blickt er vor sich nieder!
Jetzt drückt er gar die Press’ an’s Herz“
Begann das Weib zu höhnen wieder.

      „Erklär’ den Wuch’rern doch den Krieg
      Mit Deinen fünfundzwanzig Rettern!“
      Der edle Guttenberg, er schwieg;
      Doch – Thränen fielen auf die Lettern.

Wilhelm Künstler.




Ein Schlachthaus in Cincinnati.

Um einen Begriff davon zu geben, in welcher großartigen und praktischen Weise Geschäfte in Amerika betrieben werden, lassen wir heute die Mittheilung eines gebornen und nach Amerika ausgewanderten Kurhessen, Herrn v. Baumbach, folgen, dessen Briefe aus den Vereinigten Staaten viel Interessantes bieten. Sie betrifft den in Amerika sehr schwunghaften Schweinehandel.

Der geneigte Leser wolle uns zu dem Ende nach dem Hauptstapelplatz für dieses Geschäft, Cincinnati, folgen. Cincinnati liegt an der südwestlichen Grenze des Staates Ohio, an dem schönen, hier einen mächtigen Strom bildenden Ohio. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts standen dort nur wenige Blockhäuser mit einigen hundert Einwohnern – jetzt dehnt sich daselbst im mächtigen Umfang die stolze Königin des Westens mit mehr als 160,000 Einwohnern aus. Die die Stadt umgebenden Kalkhügel sind durch deutsche Beharrlichkeit und Fleiß in herrlich gedeihende Weinberge umgewandelt worden, deren immer mehr angelegt werden, so daß wir nicht zu irren glauben, wenn wir annehmen, daß die dortige Umgegend und Ohio überhaupt bestimmt ist, für die Zukunft den stets anwachsenden Millionen Amerika’s den erquickenden Rebensaft zu liefern.

Die Farmer Ohio’s und der angrenzenden Staaten halten große Heerden Schweine, welche sich in den Nuß- und Eichenwäldern, fast ohne die geringste Fürsorge und Mühe der ersteren, vermehren und ernähren, und die später mit dem dort in ungeheurer Menge gezogen werdenden Mais in ganz kurzer Zeit fett gemacht und dann von den Besitzern der Schweine-Schlacht- und Packhäuser Cincinnati’s aufgekauft werden. So wurden im Winter von 1855 bis 1856 daselbst 425,000 Schweine verpackt, jedes mit dem durchschnittlichen Gewicht von 2 Centnern. (Beiläufig bemerkt fast ebenso viel in den Packhäusern von Louisville, Jeffersonville, New-Albany und St. Louis.)

Ohne Uebertreibung kann angenommen werden, daß in den sämmtlichen betreffenden Geschäftsetablissements des Westens der Union jährlich etwa 2 Millionen Schweine, welche größtentheils zur Ausfuhr bestimmt sind, verpackt werden, welche den durchschnittlichen Werth von 20 Millionen Dollars haben. Rechnet man dazu die ungeheuere Zahl von Schweinen, welche jährlich zum Verkauf und eigenen Bedarf von den Farmern selbst geschlachtet werden – und man muß dabei bedenken, daß fast das ganze Jahr hindurch Schweinefleisch auf des Farmers Tische niemals fehlt – so kann man ohne Uebertreibung die ganze Zahl auf 20 Millionen zu einem Werthe von 200 Millionen Dollars festsetzen, welches den Züchtern der Schweine, in dem mäßigen Anschlag von 20%, einen jährlichen Profit von 40 Millionen Dollars sichert.

Außerhalb von Cincinnati liegen die zahlreichen verschiedenen Schlachthäuser, von bald größerem, bald geringerem Umfang, und wir laden den freundlichen Leser ein, uns zu einem solchen zu folgen. Räthlich ist es, die Beinkleider aufzuwickeln, denn wir müssen einen ausgefahrenen, tief kothigen Weg durchwaten. Es ist begreiflich, daß der Spaziergang nicht zu den angenehmsten gehört; denn die unaufhörliche Musik von vielleicht 50,000 Schweinen, an deren Behältern wir vorüber müssen, berührt das Ohr nichts weniger als angenehm, und auch die Nase fühlt sich unangenehm afficirt von dem vermischten Geruch, welcher längs des Weges aus den verschiedenen Fettpressen, Talgschmelzen und Knochensiedereien emporsteigt und die Luft erfüllt.

Endlich haben wir unser Ziel erreicht. Noch ist es früh am Tage und die Arbeiter haben noch nicht begonnen, da sie auf Ausräumung des Trockenraumes warten, in welchem noch die am gestrigen Tag geschlachteten Schweine aufgehängt sind, um Platz für ihre zu beginnenden Arbeiten zu haben.

Während sie ihre mit Fett und Oel überzogenen Ueberwurfe anlegen, oder müßig um den Ofen herumsitzen, lauschen wir ihrer, sich über ihr Geschäft verbreitenden, Unterhaltung.

„Pugh schlachtete gestern 1500, und Kirby am Vormittage allein 800.“

„Ja,“ bemerkt ein Anderer, „und der schwarze Joe waidete bei Allens sieben Schweine in einer Minute aus und gewann damit 10 Dollar.“

Alle drücken ihren Unglauben über diese unerhörte That aus.

„Ich frage nichts darnach, wenn es auch ganz Cincinnati mit angesehen hätte,“ bemerkt ein Dritter, „John Woodrough versteht’s besser, als der schwarze Joe, und noch niemals hat er sieben Schweine in einer Minute ausgewaidet.“

Dies ruft eine große Streitfrage hervor, an welcher Theil zu nehmen Alle willig und bereit sind, wodurch eine babylonische Sprachverwirrung zu entstehen droht, – da hier in der That drei bis vier verschiedene Muttersprachen repräsentirt sind; – als plötzlich jeder weiteren Unterhaltung ein Ziel durch den Ausruf des Vormannes aus dem Schlachthaus gesetzt wird: „Nun, Jungens, wollt Ihr denn heute gar nicht anfangen!“

Dieser Ruf wird durch einen raschen Aufbruch der Arbeiter nach ihren verschiedenen Ständen in dem Schlachthause beantwortet, in welches wir eintreten. Wir befinden uns in einem großen länglichen, mit Steinen geplatteten Saal, an dessen einem Ende sich eine weite Thüre nach dem Raume öffnet, in welchem die Schweine getödtet werden, während er auf der entgegengesetzten mit einem anderen in Verbindung steht, in welchem man die geschlachteten Schweine bis zum folgenden Tage aufhängt, damit sie kalt und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_050.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)