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ob weiß, blau, grün oder schwarz, so groß, daß es einfach zusammengeschlagen, etwas breiter und länger ist, als die Stirn des Kindes und befestige es mittelst eines Bandes, dam am obern Rande zwischen beiden Blättern durchläuft, so um den Kopf, daß es etwa 1/2 bis 1 Zoll über den Augenbrauen hervorragt. – Das Züchtigen der Kinder durch Schläge auf den Kopf hat schon manchmal unheilbare Blindheit zur Folge gehabt.

Die meisten Rücksichten sind auf die Augen der Kinder während der Schulzeit zu nehmen, weil sie jetzt zuerst zum genauern und anhaltenden Sehen verwendet und sehr leicht für den künftigen Gebrauch ruinirt werden. Gar oft wird das Auge schon in den Jahren des ersten Schulbesuches stumpfer, schwächer, noch häufiger aber kurzsichtig. Arlt sagt: „man sehe daher sowohl zu Hause, als in der Schule darauf, daß die Kinder beim Lesen und besonders beim Schreibenlernen den Kopf nicht zu sehr vorwärts neigen. Bei 10 bis 15 Zoll Entfernung kann jedes bis zu dieser Zeit noch gesunde Auge bequem lesen und schreiben. Bemerkt man, daß ein Kind nur bei geringerer Entfernung die Buchstaben gehörig zu unterscheiden vermag, so lasse man die Augen ärztlich untersuchen und behandeln. Leider finden sich nur in wenigen Schulen die Bänke der Größe der Kinder angemessen; in den meisten ist auf die verschiedene Größe der Kinder keine Rücksicht genommen. Die für die kleineren Kinder bestimmten sollten niedriger sein, alle aber im gehörigen Verhältnisse des Sitzes zum Pulte stehen, damit die darauf Sitzenden nicht genöthigt wären, den Kopf dem Pulte zu nahe zu halten oder aber den Körper unnatürlich zu krümmen, um die Augen in die gehörige Sehweite (10 bis 15 Zoll) zu bringen. – Beim Schreibenlernen lege man den Kindern nicht nur eine hinreichend große Vorschrift vor, sondern lasse diese auch nur in gleicher Größe nachbilden. Nie dulde man bei Kindern das Geizen mit dem Raume des Papiers, das Zusammendrängen der Buchstaben und Zeilen. – Nie dürfen Kinder bei unzureichendem Lichte lesen, schreiben oder gar zeichnen.“ Nichts verdirbt die Augen so leicht, als Fehlen gegen diese Vorschrift, und gegen keine wird häufiger gefehlt, als gerade gegen diese. So sind z. B. sehr viele Unterrichtszimmer so schlecht mit der nöthigen Menge Lichts versorgt, daß fast Dämmerung darin herrscht; wie häufig werden ferner nicht Schreib-, Lese- und Zeichnenstunden zur Dämmerungszeit und bei trüber Beleuchtung gehalten. – Das Wichtigste aber ist, daß man die Kinder nicht mit solchen Arbeiten überhäuft, welche die Augen beständig in Anspruch nehmen. Es ist gewissenlos, Kinder Stunden lang hinter einander lesen, schreiben und zeichnen zu lassen. Am Aergsten wird es hier mit den Mädchen getrieben, welche nach der Schule auch noch die, die Augen stark angreifenden weiblichen Arbeiten vornehmen. Zu den bei der heutigen Kindererziehung am Häufigsten nachtheiligen Schädlichkeiten gehört sodann vorzugsweise das viele Clavierspielen, zumal bei kleinen gestochenen Noten und Abends beim künstlichen Lichte. – Stets sei man auf die gehörige Ruhe der Augen nach Anstrengungen derselben bedacht. Uebrigens sind auch noch ähnliche Rücksichten gegen die Augen des Schulkindes zu nehmen, welche Erwachsene gegen ihre Augen zu nehmen haben.

(Fortsetzung folgt.)
B. 




Japanesische Spiegelbilder.

In den letzten Jahren war ziemlich oft von einer amerikanischen Expedition nach Japan die Rede. Sie hat nun stattgefunden und während wir hier über Japan schreiben oder lesen, wird wahrscheinlich die kleine amerikanische Expeditionsflotte wieder in einen Hafen des japanesischen Reichs gesegelt sein und sich Antwort auf ihre Anfrage vom vorigen Herbste geholt haben, ob die Herren Japanesen gutwillig ihre Erde – die Gemeingut ist, dem Handel und Verkehre der civilisirten Welt öffnen wollen. Civilisation und Handel wollen jetzt ihre enormen Lebensadern durch die ganze Erde ziehen; deshalb kann und darf sich Japan nicht länger verschließen. Ohne Stationen und Kohlen-Depots in Japan kann die neue Welt, welche sich von den westlichen Gestaden Amerika’s über das stille Meer, durch Australien und unzählige Inseln nach Asien hinüberzieht, um über Asien nach Europa zurückzukehren, nicht gedeihen. Diese neue Welt ist aber so kräftig, daß sich die seit einer Ewigkeit verbarrikadirten Japanesen nicht mehr dagegen halten können, was sie zunächst den Amerikanern auch antworten mögen. Unter allen Umständen werden wir bald mehr von ihnen hören. Es ist deshalb gut, wenn man sich darauf vorbereitet und zusammenstellt, was man etwa bisher von ihnen weiß. Eine nähere Veranlassung zu diesen Spiegelbildern ist die japanesische Ausstellung in London (in der Ausstellung der Wasserfarbenmaler-Gesellschaft 5 Pall Mall), die erste in Europa, die aus direct importirten Waaren besteht.

Japan oder die japanesische Gruppe von Inseln nimmt eine sehr lang gestreckte Lage auf der östlichen Seite Asiens ein und erinnert dadurch ganz genau an England in seinem Verhältnisse zu Europa. Es dehnt sich vom 31sten bis zum 42sten Grade nördlicher Breite und vom 157sten bis zum 175sten östlicher Länge aus, liegt also im gemäßigten Klima. Es besteht aus drei großen Hauptinseln, außer vielen kleinen, den Gestaden Asiens gegenüber, welche die Schifffahrt gefährlich und das Nahen Fremder schwer machen. Außerdem ist das Meer dort ziemlich stürmisch. Lauter Umstände, welche die Japanesen in ihrer bis zum Ideal ausgebildeten Schutzzollpolitik begünstigten. Von Außen sieht das Land größtentheils sehr kraftlos aus. Steile Klippen erheben sich plötzlich, lange Gebirgszüge blicken kahl und öde herüber. Das Innere wird freilich als ein ewig-blühender, saftiger und Früchte tragender Garten geschildert. Die Japanesen haben die ödesten Felsen mit fruchtbarer Erde und diese mit der üppigsten Vegetation bedeckt, so daß diese ungeheueren Terrassen von Paradiesen sich zuweilen bis in den Himmel zu erheben scheinen.

Die Existenz der japanesischen Inseln wurde in Europa zu Ende des 13. Jahrhunderts durch den berühmten Marco Polo aus Venedig näher bekannt. Er verließ Italien 1275, drang durch Westasien und die ungeheuern mongolischen Steppen bis China vor, wo er durch Kühnheit, Schlauheit und Wissenschaft einer der ersten Rathgeber des mongolischen Kaisers Kublai ward. Auf seinen Rath machte Kublai einen Versuch, Japan (oder Zypangu) zu erobern, durch Sturm und Tapferkeit der Japanesen vereitelte der Plan. Nun hörte man drei Jahrhunderte lang nichts wieder von Japan, bis die Portugiesen, damals die Pioniere der Civilisation, es auf’s Neue entdeckten. Ferdinand Mendez Pinto wurde 1542 an die Küste von Bungo verschlagen und brachte im nächsten Jahre abenteuerliche Nachrichten von Japan mit. Dies veranlaßte die Jesuiten, welche damals mit dem ersten Eifer arbeiteten, sich die geistige Herrschaft über die ganze Erde zu erwerben, auf das neue Land zu speculiren. Sie schickten Franz Xavier, „den Apostel der Indier,“ 1547 von Goa ab. Er ward von den Japanesen mit viel Auszeichnung empfangen und in seinem Bekehrungseifer sogar unterstützt, so daß er mit wunderbarer Leichtigkeit Schafe in seinen Stall eintrieb und Kirche auf Kirche sich erheben ließ. Doch was er gebaut, stürzte an einem Tage unter der Wuth des betrogenen Volkes. Die japanesischen Jesuiten waren durch ihren Erfolg übermüthig geworden und traten deshalb kühn mit ihren weltlichen Zwecken heraus, welche den protestantischen Holländern, die sich auch mit weltlichen Zwecken eingefunden hatten, um so mehr ein Dorn im Auge waren, als die Jesuiten durch ihre Processionen Handel und Gewerbe störten. Beide christliche Parteien benahmen sich so gegen die „Heiden,“ daß diese weder vor der einen, noch der andern Achtung bekamen. Die Holländer hatten Zutritt bei Hofe und schürten die Flamme stillen Hasses gegen die übermüthigen Jesuiten, die bereits mehr als 1 Million Anhänger zählten. Es bedurfte nur eines Funkens und die Explosion erfolgte mit einer Wuth, die ihres Gleichen in der ganzen blutigen Geschichte von Glaubenskämpfen nicht haben mag. – Die japanische Etikette verlangt die größte Unterwürfigkeit aller Niedrigeren gegen Höhere. So rief ein Bischof, der mit einer pompösen Procession vor einem Großen des Landes vorbeizog, ohne von ihm Notiz zu nehmen, (im Gegentheil verlangte er, daß sich der weltliche Große vor dem Theaterzug in den

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verschiedene: Die Gartenlaube (1854). Ernst Keil, Leipzig 1854, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1854)_460.jpg&oldid=- (Version vom 19.2.2017)