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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)


Man braucht mithin keinen allzugroßen Respekt vor dem Sunde zu haben, und sicherlich würden wir bei einem Kriege, wie er sich in jüngster Zeit entspinnen zu wollen drohte, die Passage des Sundes abermals von den Engländern erzwungen sehen. Die große im Hafen zu Spithead versammelte, mehr als 1000 Feuerschlünde zählende Dampfflotte war auch allem Anscheine nach hierzu gegebenen Falles bestimmt, und von dem Pulver, das sie vor einigen Wochen in großartigen Manövres blindlings verpuffte, hatten die alten englischen Seewölfe wohl einen ganz andern Gebrauch zu machen gehofft.




Wanderungen durch die Sternenwelt.

Von Ferdinand Stolle.
Der Fixsternhimmel.
(Zweiter Artikel.)
(Farbenpracht der Sterne. – Ab- und Zunahme des Sternenglanzes. – Veränderliche Sterne. – Wahrer und scheinbarer Standpunkt der Himmelskörper.)

Wir haben im vorigen Artikel von der Anzahl, der Eintheilung und der Bezeichnung der Fixsterne gesprochen. Bevor wir zur Beantwortung der Frage übergehen: wie weit sind jene Sterne von der Erde entfernt, sei erlaubt, noch auf einige eigenthümliche Erscheinungen am Sternenhimmel aufmerksam zu machen.

Daß unter der Beschaffenheit jener Sonnen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit stattfinden muß, das lehrt vor Allem die mannigfache Farben-Pracht, die freilich erst durch bedeutende telescopische Hilfe dem Beschauer sichtbar wird. Das Licht der Sterne ist keineswegs bei allen weiß oder gelblich, wie es dem unbewaffneten Auge erscheint. Es giebt eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Fixsternen, die in allen Farben und Farbenschattirungen glänzen. Wir haben orange, grüne, blaue, violette, ja selbst purpurrothe, granatfarbene und aschgraue Sterne. Fast die Hälfte der Sterne leuchtet in gelblichem Lichte mit theilweise schwacher farbiger Schattirung. Die Anzahl der in vollkommenem Silberlichte strahlenden beträgt ungefähr ein Fünftel. Eben so groß ist die Anzahl der orangefarbenen. Für die übrigen Farben bleibt daher nur ein schwaches Zehntheil übrig. Der jüngere Herrschel giebt ein Verzeichniß von 76 rubinfarbenen Sternen des Südhimmels. Einige erscheinen wie Blutstropfen. Bisweilen findet man z. B. im Sternbilde des südlichen Kreuzes – über hundert Sterne von rother, blauer, grüner Farbe so zusammengedrängt, daß sie, durch große Fernröhre betrachtet, wie ein Geschmeide von bunten Edelsteinen prangen. – Man hielt früher diese verschiedenen Sternenfarben für eine optische Täuschung; spätere Forschungen haben jedoch bewiesen, daß diese Farben jenen Himmelskörpern eigenthümlich sind. Ein Beweis dafür ist auch, daß es Sterne giebt, die im Laufe der Jahrtausende – freilich in anderem Sinne als im politischen Leben der Menschen – ihre Farbe gewechselt haben. So kennt das hohe Alterthum z. B. den Sirius als einen rothen Stern – die Römer nannten ihn darum canicula rubra – während er heutzutage in vollkommen weißem Lichte strahlt.

Aber nicht blos ihre Farbe, hauptsächlich auch ihre Lichtstärke ändern die Fixsterne mit der Zeit. Es giebt manchen Stern, der früher weit heller funkelte als gegenwärtig, und wieder manchen, der jetzt heller leuchtet als früher. So ist z. B. der Stern Atair im Bilde des Adlers erst in den letzten Jahrhunderten zu einem Sterne erster Größe emporgewachsen. Ein noch auffallenderes Beispiel bietet der bekannte Himmelswagen. Alle sieben Sterne haben in gar nicht zu langen Zeiträumen ihre Lichtstärke geändert und zwar in so hohem Grade, daß jener Radstern, welcher den drei Deichselsternen zunächst steht und der uns als Stern dritter Größe erscheint, früher zu den hellleuchtendsten gehörte; also um eine volle Sternenlichtgröße gesunken ist.

Eine nicht minder merkwürdige Erscheinung am Fixsternhimmel gewähren eine Anzahl Sterne, deren Lichtwechsel vollkommen periodisch, deren Lichtab- und Zunahme von den Astronomen auf das Genaueste berechnet und die deshalb veränderliche Sterne genannt werden. Solche Sterne kennt man bis jetzt einige zwanzig. Einer der merkwürdigsten dieser Gattung befindet sich im Sternbilde des Wallfisches und er führt seiner wunderbaren Erscheinung wegen auch den Namen Mira, der Wunderbare. Dieser Stern glänzt bisweilen als Stern zweiter Größe, leuchtet allmälig schwächer und schwächer, bis er dem unbewaffneten Auge unsichtbar wird. Hat er sein kleinstes Licht erreicht, steigt er wieder zur frühern Größe. Die Zeit seiner Abnahme dauert gewöhnlich 66 Tage; seine Zunahme etwa 40 Tage. Doch haben in der Ab- und Zunahme Schwankungen stattgefunden. So brauchte er im Jahre 1840 61 Tage, um von der sechsten zur zweiten Größe aufzusteigen und 50 Tage, um zur größten Kleinheit herabzusinken. – Ein anderer Stern mit periodischem Lichtwechsel ist ein Stern der zweiten Größe, Namens Algol im Sternbilde des Perseus. Dieser hat das Eigenthümliche, daß er binnen 69 Stunden nur 8 Stunden lang eine Verdunklung erleidet. Die Abnahme, wo er von der zweiten Größe zur dritten herabsinkt, dauert vier Stunden, die stärkste Verdunklung währt nur achtzehn Minuten; dann steigt er binnen vier Stunden wieder zur frühern Größe, in welcher er ungeschwächt bis zur nächsten Verfinsterung leuchtet.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_379.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2020)