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Anonym: Edda

daß Dietrich bei Etzel (Atli) die Mörder Siegfrieds bezwingt. Ursprünglich denkt man sich jeden Sagenkreiß selbständig für sich bestehend. Der eigentümlich nordischen Weise, den gotischen mit dem fränkisch-burgundischen zu verbinden, hat man bisher so wenig als unsern Liedern, in welchen sie vollbracht ist, ein hohes Alter zugetraut, bis J. Grimm durch die Bemerkung, daß Bragi des Alten Gedicht doch die einfachen Lieder schon voraussetze, einer andern Ansicht Bahn brach. Die Meinung hingegen, daß schon in Str. 5 des zweiten Sigurdsliedes diese Verbindung vorausgesetzt sei, wird aufgegeben werden müßen. In den acht Edelingen, welche nach dieser Strophe durch Andwaris über das Gold ausgesprochenen Fluch ins Verderben gerathen sollen, können die drei Brüder Swanhildens nicht mitbegriffen sein, da ihr Tod mit dem Hort in keiner Verbindung steht und die Zahl sich viel einfacher erfüllen läßt, wenn man Hreidmar und seine Söhne Regin und Fafnir zu Sigurd, Guttorm, Gunnar, Högni und Atli zählt.

Wie alt aber auch unsere Lieder seien, so sind sie doch schwerlich in der Gestalt, in welcher sie uns vorliegen, ursprünglich verfaßt. Eine nähere Betrachtung von Hamdismal ergiebt, daß Str. 5 den Inhalt der dritten Strophe der Aufreizung voraussetzt, da Hamdirs Worte: Da hast du wohl träger Högnis That gelobt u. s. w. ohne dieselbe nicht verstanden werden können. Nun findet sich aber nicht bloß diese Str. 5 in dem andern Liede wieder, sondern beide haben noch andere, ja fast die ganze Einleitung gemeinschaftlich und nur von Str. 9 des ersten, Str. 11 des andern an geht jedwedes dieser beiden Lieder seinen eigenen selbständigen Gang. Diese Erscheinung erklärt sich am besten durch die Annahme, daß Hamdismal mit der fehlenden Strophe, die jetzt die dritte des andern Liedes bildet, ursprünglich allein vorhanden war, und ein späterer Dichter Gudruns Aufreizung hinzudichtete. Was dieses Lied Neues enthält, ist die Gudruns ganzes Schicksal umfaßende Klage, welche von Str. 9 an das Lied ausfüllt. Die Einleitung, Str. 1–8, entnahm er aus Hamdismal, so zwar, daß Str. 3, welche in diesem unentbehrlich ist, im strengsten Sinne des Worts entnommen ward, indem sie sich nun nicht mehr darin befindet. Auf den Namen Gudruns Aufreizung hat dieses Lied, das sich selbst 21, 3 Gudruns Harmlied nennt, kein ausschließliches Recht, er kommt dem andern Liede ebenso gut zu, ja mit beßerm Rechte als der gegenwärtige, der insofern nicht befriedigt als man nicht sieht, warum es gerade nach diesem der drei Brüder Swanhildens benannt ist. Daß man ihn dem ersten Liede gab, erklärt sich wohl, da Gudrun die Hauptperson in dem Liede ist, und der Name, Gudruns Klage, den es eigentlich führen sollte, eine Verwechselung

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 459. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/467&oldid=- (Version vom 31.7.2018)