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Anonym: Edda

Bruchstück,“ was nach dem Volksdialekt eher Brauchstück als Brautstück bedeuten kann. Hier ist nichts Anderes gemeint, was schon daraus hervorgeht, daß die Riesin ihre Gunst und Liebe für die erbetenen Ringe verheißt, und statt derselben zuletzt Schläge und Hammerhiebe empfängt. Handelte es sich um einen Rechtsgebrauch, so würde demselben wohl vor der Hammerweihe, die Str. 32 eingeleitet wird, genügt worden sein.

Daß mit dem Hammer die Braut geweiht und die Eheleute zusammengegeben werden sollen ist im Original durch Wiederholung des Wortes „weihen“ in der vorletzten Zeile noch deutlicher ausgedrückt als es die Übersetzung vermochte. Auch zur Leichenweihe bedient sich Thor D. 49 seines Hammers und D. 44 weiht er die Bocksfelle mit ihm und belebt die darauf liegenden Gebeine seiner Böcke. Durch seinen Hammer, welcher den Blitzstral bedeutet, heiligt Thor auch die Erde und heißt darum Midgards Weor (Weiher), auch Weor schlechtweg, wie wir schon oben bemerkt haben. Im altdeutschen Recht, bemerkt Grimm, heiligt Hammerwurf den Erwerb.

Wenn Thrym Thors entwendeten Hammer acht Rasten tief unter der Erde verborgen hatte (Str. 8), so stellt dieß Grimm mit dem Volksglauben zusammen, daß der Donnerkeil tief in die Erde fahre und sieben oder neun Jahre brauche um wieder an die Oberfläche zu rücken: „er steigt gleichsam jedes Jahr eine Meile aufwärts.“ Damit steht es nicht im Widerspruch, wenn Thrym Str. 30 den Hammer sofort wieder herbeizuschaffen weiß, denn auch dem Thor kehrt der Hammer nach D. 61 sobald er will in die Hand zurück, und Thrymr selbst, dessen Name von thruma (tonitru) abgeleitet wird, ist ursprünglich mit Thor identisch und ein älterer Naturgott, in dessen Händen vor Ankunft der Asen der Donner gewesen war. Grimm Myth. 165. M. Handb. S. 57, §. 28.

Wegen der mythischen Bedeutung unseres Liedes verweise ich auf Uhland 98 ff. und K. Weinhold, Zeitschrift VII, 22.


11. Alwissmal.

Schon in der Einleitung haben wir dieß Lied als eine schwache Nachahmung von Wafthrudnismal bezeichnet. Die Ähnlichkeit tritt zuerst in dem Namen des Zwerges Alwis (des allkundigen) zu Tage, da Wafthrudnir der allkluge (alswidhr) Riese hieß; noch mehr liegt sie aber in dem Verhältniss der Einkleidung zu dem Inhalt, der in beiden Liedern in den gleichen Rahmen gefaßt ist, nur daß in Alwissmal die Einkleidung fast allein anzieht, während in Wafthrudnismal Inhalt und Rahmen gleich


Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/406&oldid=- (Version vom 18.8.2016)