ganze Wahrheit. Darauf verbot ihr Herr Bruno
ernstlich, von dieser Sache keinem Menschen, auch der
Mutter selbst nicht anders, als ob sie deren Befehl
vollzogen, zu melden. Er aber nahm die Kinder,
taufte sie bei dem Brunnen, nannte sie insgesammt
mit Namen Bruno, und schaffte, daß die armen
Waisen untergebracht wurden, eins oder zwei in der
Mühle unterm Schloß, die übrigen an andern Orten
in der Nähe. Denen er die Kindlein aufzuziehen
befahl, gab er Geld her, und hieß es heimlich halten,
vertraute auch keinem Menschen davon; bis auf die
Zeit, da er zum. letzten Mal aus Quernfurt ins Land
Preußen ziehen mußte, und dachte: er möchte nimmer
wiederkehren. Da offenbarte er vernünftiglichen seinem
Bruder Gebhard: was sich zugetragen, wie die
Kinder geboren und lebendig erhalten worden, und
wo sie anzutreffen wären, Gebhard mußte sich aber
zuvor verpflichten, daß er es seiner Gemahlin nicht
unfreundlich entgelten, sondern hierin Gottes Wunder
und Gnadenwerk, erkennen wolle. Darauf ging der
heilige Bruno auch zu der Gemahlin hin, entdeckte
ihr alles und strafte sie wegen ihres sündlichen Argwohns.
Da war groß Leid und Freud bei einander,
die acht Kindlein wurden gehohlt und alle gleich gekleidet
ihren Eltern vorgestellt. Diesen wallte das
väterliche und mütterliche Herz, und spürte man auch
an Gestalt und Gebärden der Kindlein, daß sie des
neunten rechte Brüderlein waren. Den Kessel, darinnen
das Weib diese acht Welfe soll von der Burg
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_388.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)