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Umständen, die Winkelman (Hessenlands Beschreib. Buch VI. S. 231. vgl. II. S. 193.) wohl auch aus mündlicher Sage erzählt, näher eintrifft. Zu Zeiten Friedrich Rothbarts war Berthold, Graf zu Nidda, ein Raubritter, hatte seinen Pferden die Hufeisen umkehren lassen, um die Wandersleute sicher zu berücken, und durch sein Umschweifen in Land und Straßen großen Schaden gethan. Da zog des Kaisers Heer vor Altenburg, seine Raubfeste, und drängte ihn hart; allein Berthold wollte sich nicht ergeben. In der Noth unterhandelte die Gräfin auf freien Abzug aus der Burg, und erlangte endlich vom Heerführer: daß sie mit ihrem beladenen Maulesel und dem, was sie auf ihren Schultern ertragen könnte, frei heraus gelassen werden sollte; mit ausdrücklicher Bedingung „daß sie nur ihre beste Sache trüge, auch der Graf selbst nicht auf dem Maulesel ritte.“ Hierauf nahm sie ihre drei Söhnlein, setzte sie zusammen auf das Thier, ihren Herrn aber hing sie über den Rücken und trug ihn den Berg hinab. So errettete sie ihn; allein bald ermatteten ihre Kräfte, daß sie nicht weiter konnte, und auch der müde Esel blieb im Sumpfe stecken. An der Stelle, wo sie nun diese Nacht zubrachten, und ein Feuer angemacht, baute hernach die Gräfin drei Häuser ihren drei Söhnen auf, in der Gegend, wo jetzo Nieder-Nidda stehet. Die Altenburg ist zertrümmert, hat aber noch starke Gewölbe und Keller. Es geht gemeine Sage, daß da ein Schatz verborgen stecke; die Einwohner haben

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_383.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2018)