geborene Markgräfin zu Stade und Salzwedel, Adelheid
genannt, ein junges, schönes Weib, brachte ihm
keine Kinder. Heimlich aber buhlete sie mit Ludwig,
Grafen zu Thüringen und Hessen, und verführt durch
die Liebe zu ihm, trachtete sie hin und her: wie sie
ihres alten Herrn abkommen möchte, und den jungen
Grafen, ihren Buhlen, erlangen. Da wurden sie einig,
daß sie den Markgrafen umbrächten auf diese Weise:
Ludwig sollte an bestimmtem Tage eingehen in ihres
Herrn Forst und Gebiet, in das Holz, genannt „die
Reißen, am Münchroder Feld (nach andern, bei
Schipplitz)“ und darin jagen, unbegrüßt und unbefragt;
dann so wollte sie ihren Herrn reizen und bewegen,
ihm die Jagd zu wehren; da möchte er dann
seines Vortheils ersehen. Der Graf ließ sich vom
Teufel und der Frauen Schöne blenden, und sagte es
zu. Als nun der mordliche Tag vorhanden war, richtete
die Markgräfin ein Bad zu, ließ ihren Herrn
darin wohl pflegen und warten. Unterdessen kam
Graf Ludwig, ließ sein Hörnlein schallen und seine
Hündlein bellen, und jagte dem Pfalzgraf in dem Seinen,
bis hart vor die Thür. Da lief Frau Adelheid
heftig in das Bad zu Friedrichen, sprach: es jagen
dir ander Leut freventlich auf dem Deinen; das darfst
du nimmer gestatten, sondern mußt ernstlich halten
über deiner Herrschaft Freiheit. Der Markgraf erzürnte,
fuhr auf aus dem Bad, warf eilends den
Mantel über das bloße Badhemd, und fiel auf seinen
Hengst, ungewapnet und ungerüstet. Nur wenig
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_347.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)