nach deutschen Landen: wer ein Lehn von dem
Reiche trage, solle ihm schnell zu Hülfe eilen, bei Verlust
des Lehens und seines Dienstes. Nun kam auch
ein Bote zu dem Abt nach Kempten, ihn auf die Fahrt
zu mahnen. Der Abt besandte wiederum seine Dienstleute,
und forderte Herrn Heinrich, als dessen er vor
allen bedürftig war. „Ach edler Herr, was wollt ihr
thun – antwortete der Ritter – ihr wißt doch, daß ich
des Kaisers Huld verwirkt habe; lieber geb ich euch
meine zwei Söhne hin, und laß sie mit euch ziehen.“
„Ihr aber seyd mir nöthiger als sie beide zusammen –
sprach der Abt – ich darf es nicht von diesem Zug entbinden,
oder ich leihe euer Land andern, die es besser
zu verdienen wissen.“ „Traun – antwortete der edle
Ritter – ist dem so, daß Land und Ehre auf dem Spiel
stehen, so will ich euer Gebot leisten, es komme was
da wolle, und des Kaisers Drohung möge über mich
ergehn.“
Hiermit rüstete sich Heinrich zu dem Heerzug, und kam bald nach Wälschland zu der Stadt, wo die Deutschen lagen; jedoch barg er sich vor des Kaisers Antlitz und floh ihn. Sein Zelt ließ er ein wenig seitwärts vom Heere schlagen. Eines Tages lag er da und badete, in einem Zuber, und konnte aus dem Bad in die Gegend schauen. Da sah er einen Haufen Bürger aus der belagerten Stadt kommen, und den Kaiser dagegen reiten zu einem Gespräch, das zwischen beiden Theilen verabredet worden war. Die treulosen Bürger, hatten aber diese List ersonnen; denn als
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_179.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)