Thiere Streit, dergestalt, daß er die Kröte zum Feuer
verdammte und der Schlange Recht gab. Dieses Urtheil
wurde gesprochen und vollstreckt. Einige Tage
darauf kam die Schlange wieder an Hof, neigte sich,
wand sich auf den Tisch, und hob den Deckel von
einem darauf stehenden Becher ab. In den Becher
legte sie aus ihrem Munde einen kostbaren Edelstein,
verneigte sich wiederum und ging weg. An dem Orte,
wo der Schlangen Nest gestanden, ließ Carl eine Kirche
bauen, die nannte man Wasserkilch; den
Stein aber schenkte er, aus besonderer Liebe, seiner
Gemalin. Dieser Stein hatte die geheime Kraft in
sich, daß er den Kaiser beständig zu seinem Gemal
hinzog, und daß er abwesend Trauern und Sehnen
nach ihr empfand. Daher barg sie ihn in ihrer Todesstunde
unter der Zunge, wohl wissend, daß, wenn
er in andere Hände komme, der Kaiser ihrer bald
vergessen würde. Also wurde die Kaiserin sammt dem
Stein begraben; da vermochte Carl sich gar nicht
zu trennen von ihrem Leichnam, so daß er ihn wieder
aus der Erde graben ließ, und 18 Jahr mit sich herum
führte, wohin er sich auch begab. Inzwischen
durchsuchte ein Höfling, dem von der verborgenen Tugend
des Steines zu Ohren gekommen war, den Leichnam,
und fand endlich den Stein unter der Zunge
liegen, nahm ihn weg und steckte ihn zu sich. Alsobald
kehrte sich des Kaisers Liebe ab von seiner todten
Gemalin und auf den Höfling, den er nun gar
nicht von sich lassen wollte. Aus Unwillen warf ein
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_151.jpg&oldid=- (Version vom 9.12.2016)