dein Mißvergnügen früher entdeckt hättest; jetzo will
ich dir zum Lohn meine Tochter Imma, die dich hoch
gegürtet willig getragen hat, zur ehelichen Frau geben.“
Sogleich befahl er, nach der Tochter zu senden,
welche mit erröthendem Gesicht in des Hofes Gegenwart
ihrem Geliebten angetraut wurde. Auch gab
er ihr reiche Mitgift an Grundstücken, Gold und Silber;
und nach des Kaisers Absterben schenkte ihnen
Ludwig der Fromme, durch eine besondere Urkunde,
in dem Maingau Michlinstadt und Mühlenheim, welches
jetzo Seeligenstadt heißt. In der Kirche zu Seeligenstadt
liegen beide Liebende nach ihrem Tode begraben.
Die mündliche Sage erhält dort ihr Andenken,
und selbst dem nah liegenden Walde soll, ihr zu
Folge, Imma, als sie ihn ein Mal „o du Wald!“
angeredet, den Namen Odenwald verliehen haben.
Der Ring im See bei Aachen.
Petrarcha, epistolae familiares Lib. I. c. 3. Pasquier, recherches VI. 33. |
Petrarcha, auf seiner Reise durch Deutschland,
hörte von den Priestern zu Aachen eine Geschichte erzählen,
die sie für wahrhaft ausgaben, und die sich
von Mund zu Munde fortgepflanzt haben sollte. Vor
Zeiten verliebte sich Carl der Große in eine gemeine
Frau so heftig, daß er alle seine Thaten vergaß, seine
Geschäffte liegen ließ, und selbst seinen eigenen Leib
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_148.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)