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diese kam einmal der laufende Jud[1] gegangen und sprach: „wenn ich zum zweitenmal hier durch wandere, werden da, wo jetzt Häuser und Gassen sind, Bäume wachsen und Steine liegen. Und wenn mich zum drittenmal der Weg daher führt, wird nichts da seyn, als Schnee und Eis.“ Jetzo ist schon nichts mehr da zu sehen, als Schnee und Eis.


344.
Der Kessel mit Butter.
Mündlich, aus Oberwallis

Unter einem Berg des Visperthales, nicht weit von Alt-Tesch, soll ein ganzes Dorf mit Kirche und Häusern vergraben liegen, und die Ursache dieses Unglücks wird so erzählt: eine Bäuerin stand vorzeiten an ihrem Heerd und hatte einen Kessel mit Anke, welche sie auslassen wollte, über dem Feuer hangen; der Kessel war gerade halb voll Sud. Da kam ein Mann des Weges vorbei und sprach sie an, daß sie ihm etwas von der Anke zu seiner Speise geben möchte. Die Frau war aber hartherzig und sagte: „ich brauch alles für mich selber und kann nichts davon verschenken.“ Da wandte sich der Mann und sprach: „hättest du mir ein weniges gegeben, so wollte ich deinen Kessel so begabt haben, daß er stets bis zum



  1. So nennen viele Schweizer den ewigen Juden.
Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_480.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)