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oft einer aus den Brüdern sterben sollte, er drei Tage zuvor, ehe er verschieden, eine Vorwarnung bekommen, vermittelst einer Lilie an einem ehrenen Kranze, der im Chor hing. Denn dieselbe Lilie kam allzeit wunderbarlich herab und erschien in dem Stuhl desjenigen Bruders, dessen Lebens-Ende vorhanden war; also daß dieser dabei unfehlbar merkte und versichert war, er würde in dreien Tagen von der Welt scheiden. Dieses Wunder soll etliche hundert Jahre gewährt haben, bis ein junger Ordensbruder, als er auf diese Weise seiner herannahenden Sterbestunde ermahnt worden, solche Erinnerung verachtet und die Lilie in eines alten Geistlichen Stuhl versetzt hat: der Meinung, es würde das Sterben dem Alten besser anstehen, als dem Jungen. Wie der gute alte Bruder die Lilie erblickt, ist er darüber, als über einen Geruch des Todes, so hart erschrocken, daß er in eine Krankheit, doch gleichwohl nicht ins Grab gefallen, sondern bald wieder gesund, dagegen der junge Warnungs-Verachter am dritten Tag durch einen jählingen Tod dahin gerissen worden.





264.
Rebundus im Dom zu Lübeck.

Ph. H. Friedlieb medulla theologica
Erasm. Francisci höll. Proteus 1057-1065. aus mündl. Sage


Wenn in alten Zeiten ein Domherr zu Lübeck bald sterben sollte, so fand sich Morgens unter seinem

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_388.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)