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„Wasser – nur Wasser, nur einen Tropfen!“ murmelte einer der letzten des Zuges, ein kleiner, dicker Mann, dem ein wirrer, rötlicher Bart das feiste, jetzt so verfallene Gesicht umrahmte. Er murmelte die Worte wie im Halbschlaf vor sich hin. Undeutlich kamen sie über die rissigen, blutenden Lippen. Und doch hatte sie sein Nachbar verstanden, der gerade seinem oftmals vor Schwäche stolpernden Reittiere den Hals aufmunternd klopfte.

„Lieber Bolz, haben Sie Geduld“, sagte er freundlich tröstend. „Ali Mompo und Paul Loring sind ja weit voraus, um nach Wasser zu suchen.“

Doktor Wallner, seines Zeichens Chemiker, glaubte freilich selbst kaum noch an eine Rettung vor dem drohenden Dursttode. Doch – wozu sollte er anderen die Hoffnung nehmen?! Glücklich, wer noch hoffen konnte nach diesen fünf Tagen, in denen wütende Sandstürme fast ohne Unterbrechung getobt und die Luft in einen Regen prickelnder Körnchen verwandelt hatten …!

Der kleine Dicke, dessen äußere Erscheinung ihn im deutschen Vaterlande jedem Polizeibeamten verdächtig gemacht haben würde, erwiderte auf des Chemikers aufmunternden Zuspruch nichts, sondern stöhnte nur leise. Seine einstmals weiß gewesene, jetzt arg beschmutzte und zerrissene Schirmmütze war ihm tief in die Augen gerutscht. Die Lider hatte er halb geschlossen. Alles war ihm gleichgültig – alles, – bis auf den einen Gedanken: Wasser – Wasser …! –

Hinter diesem Paare ritt auf einem besonders hochbeinigen Dromedar eine recht wunderliche Gestalt, ein Mann mit einem endlos langen Hals, der aus dem früher goldgestickten Kragen einer Diplomatenuniform herausragte. Dieser Kragen schimmerte jetzt leicht grünlich, und wenn man zu diesem Obergewand noch den breitrandigen, unechten Panama dazu nahm, so brauchte man das darunter befindliche Gesicht des ungarischen Mausfallenhändlers Janos Preszöni gar nicht mehr näher zu betrachten. Der dürre Mensch bildete auch so schon eine höchst komische Figur.

Rechts von dem Ungar, den eine Laune des Schicksals

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W. Belka: Der versteinerte Wald. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_versteinerte_Wald.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)