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dessen nur den Artikel von Graf Ernst Reventlow „Das Wesen der armenischen Greuel“ in Nr. 636 der „Deutschen Tageszeitung“ vom 19. Dezember 1915, die Nr. 49 der Allgemeinen Evangel. Luther. Kirchenzeitung vom 3. Dezember 1915, das evangelische Kirchenblatt für Württemberg Nr. 48 und eine Presseäußerung des allgemeinen Positiven Verbandes. Die Analyse des Bratterschen Pamphletes wird ja die Verfasser dieser Artikel in die Lage setzen, ihr Urteil zu berichtigen.




Ergebnis.


Die Tatsachen, die wir ermitteln konnten, ergeben das folgende Bild:

Die Zahl der Armenier in der Türkei betrug vor dem Kriege nach der Statistik des Patriarchats ca. 1 845 000. Von der Maßregel der Deportation wurden alle von Armeniern bewohnten Wilajets in Ost- und West-Anatolien, Cilicien und Mesopotamien betroffen. Verschont blieb außer Konstantinopel, Bagdad und Jerusalem nur das Wilajet Aidin mit Smyrna.29) Der Deportation entgingen die Armenier des Wilajets Wan und der angrenzenden Bezirke, die, soweit sie nicht von den Kurden getötet wurden, teils über die Grenze flohen, teils von den Russen ausquartiert wurden. Als verschont können auch die Familien gelten, die sich unter dem Druck der Behörden durch den Uebertritt zum Islam der Deportation entzogen und die zahllosen Mädchen, jungen Frauen und Kinder, die in türkische Harems verkauft und in kurdische Dörfer abgeführt wurden.

Höchstens ein Drittel der Bevölkerung mag durch Flucht, Islamisierung oder durch Belassung in ihren Wohnsitzen der Deportation entgangen sein. Drei Viertel der Bevölkerung (ca. 1 400 000) sind von der Deportation


[Ξ] 29)

Den genannten Städten ist noch Aleppo hinzuzufügen, wo dank der rastlosen Bemühungen des deutschen Konsuls wenigstens die ortsansässige Bevölkerung von der Deportation verschont blieb. Die Armenier von Bagdad waren zunächst nach Mossul deportiert worden und sollten von dort weitergeschafft werden. Der Einspruch des Feldmarschalls Freiherrn von der Goltz, der den Weitertransport untersagte, wurde von der Regierung in Konstantinopel erst respektiert, als der Feldmarschall wegen dieser Sache telegraphisch um seine sofortige Abberufung bat. S. Lepsius, Dtschl. und Arm. Einl. S. LIX und Aktenstück Nr. 224.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/329&oldid=- (Version vom 31.7.2018)