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Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank

(ich begleite ihn dahin nicht), dem ein Tag wie der andere ist, der mit Staub bedeckt, mit Stock und Tornister in seine finstere öde Wohnung am Sabbathabend einkehrt. – Finster ist die Wohnung, noch finsterer die Gemüther; Trotz, Ueberdruß, Schmutz und Ekel lassen keine frohe Stimmung aufkommen. – Unfreundlich ist der Gruß, feindlich der Empfang, die schwarze Sorge beherrscht den Mann, Unbehaglichkeit Weib und Kind, der böse Hausengel, Zank, Streit, Gepolter führen den Scepter, und der gute Hausengel, der Engel des Friedens verhüllt sein gebeugtes Haupt und muß seufzend antworten: Amen.

Äußerlichkeiten! Ist der Ofen keine Äußerlichkeit, ist das Holz nicht steif, kalt – ein Klotz! und dennoch lodert es, wenn sich Glut dazu gesellt, lustig auf, erwärmt das Gemach und bringt neues frohes Leben ins Haus.

Äußerlichkeiten! Empfangen wir nicht einen geliebten König mit Triumphbogen, Flaggenzierde, Häuserschmuck, bunten Fahnen und Blumen, um unsere Begeisterung für Thron und Vaterland zu bekunden, und dringt diese Begeisterung nicht von Außen nach Innen, so daß der Kalte warm, der Stumpfe belebt, der Schwerfällige bewegt, in höhere Regionen gehoben wird und frohe Hymnen anstimmt? – Harret die Braut nicht dem Bräutigam mit Kranz, Schleier und Myrthen geschmückt entgegen? oder sollte sie im Alltagsgewande – ohne Zier und Schmuck – seiner warten? Und wenn der gelehrte Verfasser, indem er über Äußerlichkeiten der Rabbinen den Stab bricht, selbstgefällig fortfährt: „Von derselben Art ist auch das, was von der hiererwähnten Sabbath-Lampe gesagt wird;“ muß ich – ein jüdischer Rabbiner, ihm – dem Doktor der Theologie und Prediger etc. etc. in London, eine alte Geschichte aus dem neuen Testamente (Matth. 25, 1–12.) erzählen!! Nun so sei es denn – so sei es in Gottes Namen: „Zehn Jungfrauen nahmen ihre Lampen, und gingen aus, dem Bräutigam entgegen. Aber fünf unter ihnen waren thöricht, und fünf waren klug. Die thörichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Oel mit sich. Die klugen aber nahmen Oel in ihren Gefäßen, sammt ihren Lampen. Da nun der Bräutigam verzog,

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Ignatz (Isaac) Lichtenstein: Der Talmud auf der Anklagebank. Buchdruckerei von Victor Hornyánszky, Budapest 1886, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Talmud_auf_der_Anklagebank_durch_einen_begeisterten_Verehrer_des_Judenthums_-_020.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)