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Rede, und sein großes Präbendenkreuz ziere nicht bloß ihn, sondern den ganzen Tisch. Einige sprächen freilich immer von seinem Götzengesicht und seiner Häßlichkeit, aber auch das schade nichts. Heutzutage, wo die meisten Menschen einen Friseurkopf hätten, sei es eine ordentliche Erquickung, einem Gesicht zu begegnen, das in seiner Eigenart eigentlich gar nicht unterzubringen sei. Dieser von dem alten Zühlen, trotz seiner Vorliebe für Dubslav, eindringlich gehaltenen Rede war allgemein zugestimmt worden, und Baron Beetz hatte den götzenhaften Alten-Friesacker an seinen Ehrenplatz geführt. Natürlich gab es auch Schandmäuler. An ihrer Spitze stand Molchow, der dem neben ihm sitzenden Katzler zuflüsterte: „Wahres Glück, Katzler, daß der Alte drüben die große Blumenvase vor sich hat; sonst, so bei veau en tortue, – vorausgesetzt, daß so was Feines überhaupt in Sicht steht – würd’ ich der Sache nicht gewachsen sein.“

     Und nun schwieg der von einem Thormeyerschen Unterlehrer gespielte Tannhäusermarsch, und als eine bestimmte Zeit danach der Moment für den ersten Toast da war, erhob sich Baron Beetz und sagte: „Meine Herren. Unser Edler Herr von Alten-Friesack ist von der Pflicht und dem Wunsch erfüllt, den Toast auf Seine Majestät den Kaiser und König auszubringen.“ Und während der Alte, das Gesagte bestätigend, mit seinem Glase grüßte, setzte der in seiner alter ego-Rolle verbleibende Baron Beetz hinzu: „Seine Majestät der Kaiser und König lebe hoch!“ Der Alten-Friesacker gab auch hierzu durch Nicken seine Zustimmung, und während der junge Lehrer abermals auf den auf einer Rheinberger Schloßauktion erstandenen alten Flügel zueilte, stimmte man an der ganzen Tafel hin das „Heil dir im Siegerkranz“ an, dessen erster Vers stehend gesungen wurde.

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)