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so leicht zum Kapitän eines Piratenschoners werden. Ein solches Weib ist nur dem Namen nach –“

„Genug!“ rief sie. „Genug! Ich verlange Antwort!“

„Nein!“ erklärte Harald kurz.

Die Verkleidete stampfte mit dem Fuße auf. Auch diese Äußerung des Ärgers war echt weiblich, war die Angewohnheit einer verwöhnten, launischen Frau. – Dann verließ sie den Salon durch die Tür nach der Treppe zu. Sofort traten die beiden Malaien ein und bewachten uns.

Wir blieben nicht lange allein. Uns standen noch ganz ungeahnte Überraschungen bevor.

Die andere Tür des Salons ging auf. Als erster erschien Lord Robert Albemarle, hinter ihm kam Lord – Blackmoore. Zuletzt Lady Blackmoore.

Die drei sahen bleich und verstört aus. Albemarle hatte uns kaum erblickt, als er auch schon in einem Anfall ohnmächtiger Wut brüllte:

„Ah – auch Sie, meine Herren, hier, auch Sie! Daß Sie auf die Mohalla geschleppt wurden, beobachtete Master Tousam, der Privatsekretär Blackmoores, den ich vom Hotel Imperial aus Ihnen nachgeschickt hatte. – Ich wollte –“

Der eine Malaie hatte auf Albemarle angelegt und drohte:

„Der Tuwan hat zu schießen befohlen! Schweig’!“

Albemarle und Blackmoore, ebenso die Lady waren nicht gefesselt. Man hielt sie für harmlos. Albemarle machte Miene, sich auf den Malaien zu stürzen. Aber Blackmoore hielt ihn zurück und zerrte ihn nach dem Wandsofa hin, neben dem unsere Sessel standen. Die Lady folgte ihnen mit verängstigtem Gesicht. Ihre Augen waren vom Weinen stark gerötet.

Wir fünf saßen nun schweigend da und warteten. Worauf? – Keiner von uns ahnte es.

Eine Viertelstunde mochte verstrichen sein, als die andere Tür aufging und – eine verschleierte, schlanke Frau eintrat.

Sie trug eine Gesellschaftsrobe, mattlila, reich mit Spitzen garniert, dazu einen Spangenschuh aus mattgoldenem Stoff. Auf den Schuhen blitzten und sprühten Diamanten. Ihr Gesicht war durch einen jener silberdurchwirkten Kaschmirschleier verhüllt, wie sie höchst selten in den Handel kommen. Dieser Schleier aber befindet sich jetzt in Haralds Raritätensammlung.

Sie schritt langsam bis in die Mitte des Salons, winkte

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Walther Kabel: Der Piratenschoner. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Piratenschoner.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)