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Tode zum Reich, das er nicht lange besaß, weil ihn zwey Dinge verhaßt und verachtet machten: das Eine, die Niedrigkeit seiner Herkunft, da er einst die Schaafe in Thrazien gehüthet hatte, welcher Umstand überall wohl bekannt war, und ihn in aller Augen tief heruntersetzte: das Andre, daß er, der im Anfang seiner Regierung verschoben nach Rom zu gehen und vom Stuhle der Kaiser Besitz zu nehmen, sich in den Ruf der äußersten Grausamkeit gebracht, da er durch seine Präfecten zu Rom und aller Orten im Reich eine Menge Unmenschlichkeiten verüben lassen; so daß, weil alle Welt vom Ekel wegen der Niedrigkeit seines Blutes, und andern Theils vom Haß erregt war, aus Furcht vor seiner Barbarei, erst Afrika sich empörte, sodann der Senat und das ganze römische Volk, ja ganz Italien wider ihn aufstand, denen sein eignes Heer noch beitrat, das, eben Aquileja belagernd, diese Eroberung schwierig fand, und seiner Grausamkeit müde, auch weil es sahe wie viele Feinde er hatte, ihn weniger fürchtend, ihn erschlug. – Vom Heliogabalus, Macrin und Julian will ich nicht reden, die, weil sie durchaus verächtlich waren, schnell untergingen, sondern zum Schlusse dieser Betrachtung übergehen und bemerken, daß die heutigen Fürsten diese Schwierigkeit weniger haben, auf ausserordentliche Weise den Soldaten in ihrer Regierung genug thun zu müssen; denn wenn sie auch schon einige Rücksicht gegen sie zu nehmen haben, so giebt es sich doch bald damit, da kein Einziger dieser Fürsten Heere beisammen hat, die mit der Regierung und Verwaltung der Provinzen grau geworden, wie die Heere des römischen Reiches waren; und mithin, wenn es damals Noth that, mehr die Soldaten als das Volk zu befriedigen, so war es, weil die Soldaten mehr als das Volk vermochten.

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_102.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)