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und der Fehler. Wenn Frankreich demnach mit seinen Mitteln Neapel occupiren konnte, so mußte er dieses thun; wo nicht, so mußte es nicht Neapel theilen. Und wenn die Theilung der Lombardey, welche es mit Venedig einging, Entschuldigung in so weit verdiente, als ihm die Stadt nach Italien geholfen, so ist diese Theilung tadelnswerth, weil sie jene Nothwendigkeit vernünftigerweise nicht für sich hatte. Es hatte also Ludwig XII. diese fünferlei Fehler begangen: Die kleineren Potentaten vertilgt: eines Mächtigen Macht in Italien vergrößert: einen mächtigsten Fremden hereingezogen: nicht in Person da residirt: nicht Colonien hingesandt. Welche Fehler bei seinem Leben ihm gleichwohl nicht hätten schaden können, wenn er nicht noch den sechsten begangen: daß er Venedig der Herrschaft beraubte. Denn, hätte er nicht die Kirche vergrößert, noch Spanien nach Italien geführt, so wäre Venedigs Erniedrigung wohl nöthig und vernünftig gewesen; aber nachdem jene ersten Schritte einmal von ihm gethan worden waren, hätte er in den Untergang der Venetianer nie willigen dürfen: da jene, so lange sie mächtig geblieben, immer die Andern von einem Angriff der Lombardey zurückgeschreckt hätten, theils weil die Venetianer selbst es nicht gestattet haben würden, wenn sie nicht Ihnen zu Theil worden wär, theils weil die Andern diese Provinz nicht Frankreich würden geraubt haben wollen, um sie den Venetianern zu geben: und beide Mächte zu bekriegen, hätten sie nicht den Muth gehabt. Und, spräche Einer: der König Ludwig habe Romanien dem Alexander, Neapel den Spaniern überlassen, um einem Kriege zu entgehen, so erwiedre ich mit den obigen Gründen: daß man, um einen Krieg zu vermeiden, nie einer Unordnung Raum geben darf, weil doch der Krieg damit nicht vermieden, sondern

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_031.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)