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Walther Kabel: Der Doppelgänger. In: Zeit im Bild, Jahrgang 1908, S. 59, 82–84, 106–108, 130–132, 154–156, 178–180, 202–204, 226–228, 250–252, 274–276, 298–300, 322–324, 346–348, 370–372, 394–396, 418–420, 442–444, 466–468, 490–492

Der Doppelgänger


Kriminalroman von Walther Kabel


(Nachdruck verboten)

(4. Fortsetzung)

„Wissen Sie vielleicht, Herr Westfal, zu welchem Zwecke der Baron das Geld brauchte?“

„Nein, Herr Staatsanwalt, auch Herr Friedrichs schien darüber nicht informiert zu sein.“

„Hm … der Baron befindet sich also in guten Vermögensverhältnissen?“

„Mehr noch, Herr Staatsanwalt – in glänzenden! Er besitzt in der Provinz drei große Güter, zwei weitere Besitzungen in Pommern, nebenbei noch mehrere Millionen Barvermögen.“

Der Staatsanwalt überlegte und schaute in seine Notizen.

„Sie haben vorhin, Herr Westfal, zugegeben, daß Sie dreimal bei Ihrem Chef in jenem Zimmer gewesen sind. Wann waren Sie die beiden anderen Male dort?“

„Als ich den Mord gegen 11 Uhr entdeckte – das heißt, anfänglich dachte ich“ … „Danke, danke,“ unterbrach ihn Hübner. Dieser sann wieder einen Augenblick nach und fragte dann:

„Außer Ihnen ist, nachdem der Tote aufgefunden war, niemand in dem Privatkontor gewesen?“

„Nein …“

Hübner schien befriedigt, er hatte sich kurze Bemerkungen auf sein Blatt geschrieben und überlas diese Aufzeichnungen nochmals. Dann legte er das Papier und den Bleistift wieder auf den Tisch und schaute zu dem Kommissar hinüber.

Dieser schien nur darauf gewartet zu haben, bis der Staatsanwalt seine Fragestellung beendigt hatte. Jetzt richtete er sich auf und, als Hübner ihm zunickte, sagte er langsam und bedächtig:

„Herr Westfal, halten Sie es für möglich, daß in diese beiden Räume jemand eindringt, ohne daß er entweder von dem Portier oder von dem Laufburschen, der doch eigentlich mehr Dienerstelle bei Herrn Friedrichs vertrat, gesehen wird?“

„Nein, das ist ganz ausgeschlossen. Denn diese beiden Zimmer haben nur diesen einen Ausgang durch diese Tür nach dem Vorraum, – ein Einsteigen durch die Fenster ist unmöglich – und in diesem Vorraum hat der Laufbursche sich so lange aufzuhalten, als Herr Friedrichs sich in seinem Kontor befand. Es passierte äußerst selten, daß mein Chef den Jungen einmal mit einer Besorgung fortschickte. Jedenfalls hat dieser heute vormittag den ihm angewiesenen Platz dort draußen nicht verlassen – also kann außer den bereits genannten Personen niemand hier in diesen beiden Zimmern gewesen sein, noch – man könnte ja denken, daß sich jemand vielleicht am Tage vorher oder ganz frühmorgens eingeschlichen habe – die Zimmer ungesehen verlassen haben. Außerdem sieht der Portier jeden, der die Bank verläßt und betritt.“

„Und … ich komme da auf eine etwas delikate Frage,“ – meinte der Kommissar zögernd – „haben Sie nun, Herr Westfal,

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Doppelgänger. In: Zeit im Bild, Jahrgang 1908, S. 59, 82–84, 106–108, 130–132, 154–156, 178–180, 202–204, 226–228, 250–252, 274–276, 298–300, 322–324, 346–348, 370–372, 394–396, 418–420, 442–444, 466–468, 490–492. Berliner Central-Verlag, Berlin 1908, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Doppelg%C3%A4nger.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)