Heinrich Ferdinand Steinmann: Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland | |
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wie es hier geschehen, so unnatürlich, daß ich den Vorfall augenblicklich für eine wohlgemeinte Warnung meines Schutzgeistes hielt, die mich auf neues Unglück vorbereiten sollte.
„Glück und Glas
Wie bald bricht das!“
sagte ich seufzend und verließ das Zimmer.
Als ich am anderen Morgen in den Speisesaal ging, wo sich die ganze Familie und sämmtliche Dienerschaft zum Gebete versammelte, fand ich dasselbe noch ganz leer, die Leute in der Halle wartend. Es dauerte sehr lange, ehe die Familie aus dem Saale der Bibliothek kam, wo sie sich versammelte, und als sie endlich erschien, sprach sich so viel Aufregung in Aller Mienen aus, dabei aber auch so viel Verachtung gegen mich, daß ich einige Augenblicke wie vom Blitze getroffen stand. Julius erschien gar nicht. Herr R. las dann ein Kapitel aus den Sprüchen Salomons, worin die Narrheit der Thoren, die Ruchlosigkeit der Gottlosen, und die Vereitelung ihrer Hoffnungen und Pläne[WS 1], wie ihr endlicher Sturz und ihre Vernichtung geschildert werden. Bei jedem solchen Bilde und jeder Drohung heftete sowohl er als alle Familienglieder ihre Blicke auf mich, so daß kein Zweifel blieb, ich und Niemand anderes war unter den Thoren und Gottlosen gemeint. Glücklicher Weise sprach mich mein Gewissen rein, aber ich sah, daß sich eine Verfolgung gegen mich erhob, die meinen guten Namen zu beschimpfen, meinen Charakter zu brandmarken und mir alle Existenzmittel abzuschneiden drohte. Mein Ehre und Menschen liebendes Herz war am wenigsten geeignet, eine Beschimpfung zu ertragen, es entflammte in Zorn über diese Heuchler, die daheim nie daran dachten, die Bibel in die Hand zu nehmen, jetzt aber sich derselben bedienten, selbst das heilige Buch als Instrument ihrer Rache gebrauchten. Ich fühlte Flammen aus meinen Augen sprühen, indem ich sie von Kopf bis zu den Füßen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Plane
Heinrich Ferdinand Steinmann: Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland. Otto Janke, Berlin 1861, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Denkw%C3%BCrdigkeiten_einer_deutschen_Erzieherin_in_Belgien,_England,_Spanien,_Portugal,_Polen_und_Deutschland.pdf/258&oldid=- (Version vom 18.12.2022)