Seite:De Zimmerische Chronik 4 092.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


man hat nichs gründtlichs finden oder erfaren künden. Villeucht ist die zeit noch nit verhanden oder der nit geporen, dem solchs zugehört oder verordnet ist.

Das aber die gaist also zu zeiten zu den mentschen

5

kommen und inen bei nacht was zureden und eröffnen, dess haben wir vil warhaftiger beispill, die sich bei zeiten des römischen künigs Ruedolfs begeben, vor dritthalb hundert jaren, auch bei künig Adolfen. Man findt, das ein junger edelman von Rotperg im jar 1288 etliche zeit bei seinem

10

vettern, einem edelman von Ratzdorf, sich enthalten. Nun ist aber der jung allain in ainer cammer gelegen. Der hat einsmals in der nacht ein stim gehört, die ganz freuntlich und lieblich mit im geredt, sprechendt: »Schlafstu?« Er hat gesagt: »Nein.« Do hat die stim abermals gesagt: »Der

15

fridt ist auß,« und das zu dreien maln. Damit ist es abgeschaiden, das ine bedeucht, es sei etwar von im gangen, wiewol er niemandts gesehen, auch darzu nacht war. Gleich die andern nacht do begegnet im mit disem gespenst in aller gestalt, wie in der vorigen nacht. Den dritten tag

20

sagt der jung edelman seinem vetter Ratzdorf, was ime die zwo necht begegnet. Also entschlusen sich die zwen vettern, das sie dise dritte nacht bei ainandern in der cammer schlaffen welten und erwarten, ob das gespenst zum dritten mal kommen, oder was doch darauß werden welt. Wie sie

25

nun baide in der nacht erwackten, so hören sie das gespenst in aller gestalt kommen, wie vormals auch beschehen. Das sprücht mit löblicher stim: »Schlaffst Rotperg?« Er sagt: »Nein.« Sprücht die stim zu dreien maln: »Fridt auß in aller welt.« Do erkecket der jung edelman und sagt: »Wer

30

bistu aber, oder was bedeuten deine verborgne reden?« Antwurt die stim: »Wer ich seie oder was ich mit meinen worten vermaine, das kan ich dir izmals nit sagen, dann du nit allain bist; wover ich aber dich noch ainig gefunden, wie die vorgeenden nacht, so welt ich dir wunderbarliche

35

ding, dardurch du noch zu hochen sachen kommen hetest mögen, eröfnet haben. Aber ich kan nit lenger bei dir bleiben, mueß darvon.« Damit ist es ohne allen iren nachtail von inen abgeschaiden. Got waist, was im das gespenst hat wellen anzaigen.

40

Gleich in den sibenden jaren hernach, under dem römischen künig Adolfen, hat sich anno domini 1295 ein gleicher fahl im landt zu Saxen begeben. An einem hochen berg,


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_092.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)