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und wolleben und den panketen nachzuwandlen, iedoch so kunt er zu letzst dem grafen, seinem verwandten, das bit nit weiter abschlagen, wilfaret im eben. Er wardt von dem grafen gar erlich, dess er dann wol würdig, empfangen und

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gehalten. Wie nun die herren zu disch gesessen und die malzeit ain kleine weil hett geweret, so wurt des grafen gemahl von zweien alten dienern in die hofstuben gefüert. Sie war vor kommer und hunger ganz mager, ellendt und übel beklaidet, het auch das eingefast todtenhaupt bei der

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eisin ketten am hals hangen. Die satzt sich in das winkele, [1333] so ir verordnet; daselbs aße sie mit den hunden ir wasser und brott, denen sie doch nit tröstlich weren dorft. In somma, es war ain solchs erbärmlichs ansehen, das menigclichen ein mitleiden mit ir hett. Aber es hett im der

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graf sein fantasei so hoch ingebildet, das er im die kainswegs von niemands wolt ußreden lassen. Sant Ulrichen war das ain seltzams, ungewonlichs spectakel, het auch ein erbermbde mit ir, fragt doch den grafen, wer die fraw wer, auch was ir handlung, das sie so schwer wurde gepeiniget

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und gestraft. Der graf, wiewol er willens gewesen, nach dem essen s. Ulrichen selbs hierumb anzusprechen, iedoch offenlich und vor iederman do nampt er ime die frawen, sprach, es were sein gemahl, der er von wegen großen argwons beganges ehbruchs und untrew ain solche herte

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buß uf ain jar lang hette ufgelegt, und dieweil sie ine also hiemit bei der freundtschaft und aller welt hett zu schanden gemacht, so hett er dem ritter, den er im bezig hett, sein recht thon und das haupt lassen abschlagen; das müest sie iezundt zu ainer straff und gedechtnus irer misshandlung,

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andern zu ainem vorbilde, alle tag, so sie zum essen gieng, am hals tragen. S. Ulrich, dem die groß unschuldt der frawen und unbillichkait des grafen im gaist bekannt war, sprach: »Eilent, hebent alle cost uf, und das dißmals weiter von niemands gessen werde.« Es war der hailig bischof

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von seines überhailgen wandels und erbarn wesens bei menigclich in solcher achtung, das im iederman volgen was, und auch der graf selbs hieß, man sollt alles, was inen der bischof bevelch, volbringen. Darauf wardt der disch unverzogenlich ufgehept. Der bischof fragt den grafen, ußer was

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ursach er den argwon empfangen, oder ob er den ritter und die fraw an der that ergriffen, oder sonst der sachen grundtlichs wissens hett. Der grafe erschrack und sprach, er hette

Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_357.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)