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maßen fürgeben, das menigclichen der gueten frawen riethe, den heirat, so zu erhaltung landt und leut, auch zu nutz der kinder dienstlich sein megte, nit außzuschlagen oder zu verschmachen. Darum ward ain heirat abgeredt, und ain

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zeit, uf der die hochzeit beschehen sollte, ernempt. Sollichs alles konte der Möringer nit schmecken oder warnemen, der guet herr war denen sachen all zu weit. Derhalben, dieweil er sein vertrawen und sein willen in Gott satzte, do kunt im auch derselbig allmechtig und barmherzig über allen

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mentschlichen verstand und glauben wunderbarlichen zu hilf kommen; dann eben uf den tag, als der hochzeittag zum Bussen (wie man aigentlich vermeinen will, daselbst beschehen sein) fürgieng, und der Möringer in der ferren India in ainem garten lag und schlief, auch all sein gescheft Gott

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heimgesetzt, do kam im für im schlaf, es ruefte im ein engel von himl mit lauter stim: »Möringer, standt uf! dann kompstu nit bei zeiten zu landt, so wurt uf heutigen tag dein weib mit dem jungen grafen von Neufen verheirat.« Darab erschrack der Möringer, das er ime selbs vor laid sein

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growes haar und bart ußrauft. In allem unmuet, gleichwol er etlich tausendt meil wegs von heimat, iedoch in ainem moment[1] oder augenblick fand er sich wunderbarlich in deutschen landen, in seiner herrschaft vor ainer müle under seiner burg sitzen. Er sahe umb sich, kunt sich nit genug

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verwundern, wie das alles zugieng, iedoch konnt er sich in der landsart wol erkennen. Derhalben er dem allmechtigen Gott, wie billichen, lob und dank sagt. Gieng in die mülle hinein und fragt den müller, der in gar nit kont erkennen, was doch newer mer im schloß doben. Der sagt im von

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der hochzeit und alle gelegenhait, auch wie lengst potschaft kommen, das der Möringer, sein alter herr, in ferren landen umbkommen were, welches die hochzeit het befürdert. Also nach allem eingenomen bericht do bat er den müller, er wellt ime von seins alten herren Möringers wegen ins schloß

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helfen. Das bewilliget ime der müller, und zu allem glück war es eben zu der zeit, als man ob disch saß. Giengen sie mit ainandern für die purg. Der Möringer klopft an dem thor, bat den portner, der hochzeiterin anzuzeigen und ime zu erwerben ain gab umb Gottes willen, sant Thomas

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ehr und des alten Möringers sele. So baldt das der frawen


  1. moment] hs. monat.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_302.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)