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[219] Nr. 208. Reichsschluß von 1719/1720. [499]

und mehr anhäuffenden gerichtlichen Vorfallenheiten in eine gerechte Proportion gezogen und solchergestalt vermehret werde, daß man vernünfftige Hoffnung zu fassen Ursach haben könte, der Entscheidung so vieler von langen Jahren her rechts-hängig gewesenen und täglich neu darzu kommenden Processen gewachsen zu seyn, und anbey der schon von langer Zeit bey vielen nothleidenden Partheyen innerhalb Reichs beseufftzet, ausserhalb aber beruffenen Unendlichkeit deren Teutschen Rechts-Händeln ein Ende zu machen.

Ihre Kayserl. Majest, hielten also in der Quaestione An? mit denen Herren Visitatoribus davor, daß in einer handgreiflichen Unmöglichkeit beruhen werde, zu solchem Zweck zu gelangen, wo nicht ad interim, und biß man in dem Stande wäre, die Reichs-Satzungs-mäßige Anzahl erfüllen zu können, der Numerus, welcher vorjetzo kaum zu denen Angelegenheiten eines eintzigen Creyses zulänglich, wenigstens auf die Halbscheid der in der Cammer-Gerichts-Verfassung vorgeschriebenen Assessorum oder auf 25 Subjecta inclusive Ihres Königlich-Chur-Böhmischen und des Churfürstlich-Braunschweigischen festgestellet würde.

Alldieweilen aber auf diesen Event nicht wohl möglich fallen wolte, zu stattlichen gelehrt- und gewissenhaft-, auch in Reichs- und Rechts-Sachen geübten Leuten zu gelangen, oder auch die bereits vorhandene zu erhalten, wann selbe nicht für ihr einig und allein zu dem gemeinen Besten und Beförderung der des heilsamen Justitz-Wesens anzuwenden habende Mühe, Arbeit und Sorge mit einer auslänglichen und solchen Besoldung versehen würden, dabey sie nach Beschaffenheit der jetzigen Geldmanglenden Zeiten ihren Stand und ansehnlichen Würde gemäß ruhig und ehrlich bestehen können: als wollen Ihre Kayserl. Majest. Churfürsten, Fürsten und Stände des Reichs väterlich erinnert haben, darunter auf Mittel und Wege zu dencken und Ihre Kayserl. Majestät in einem Reichs-Gutachten an Hand zu geben, wie nicht nur das bißherige Salarium nahmhaft vermehret, sondern auch richtig bezahlt werden könne, unter welcher Erhöh- und Besoldungs-Vermehrung dann weniger auch nicht die jedesmalige Cammer-Richter, Präsidenten und andre zu der völligen Constitution des Cammer-Gerichts gehörige Personen verstanden zu seyn, hierdurch declariret werden. … Signatum Regenspurg, den 24sten Monats-Tag May 1719.

(L. S.)
Cardinal von Sachsen.


b. Reichs-Gutachten zu vorstehendem Dekret (Auszug). — 1719, Dez. 15.
NS. d. RA. IV, Nr. 123, S. 344-347. — Das kaiserliche Ratifikations-Commissions-Dekret zu diesem Gutachten signatum 3. Nov. 1720 (praesentatum d. 4. Nov.) steht NS. d. RA. IV, Nr. 124, S. 347 f.

Der Römisch-Kayserlichen Majestät zu gegenwärtiger allgemeinen Reichs-Versammlung gevollmächtigten, höchst-ansehnlichen Principal-Commissario und Kayserlich- würcklichen geheimen Rath, Ihrer hochfürstl. Eminenz und Durchl. Herrn, Herrn Christian August, der (Heiligen Römischen) Römischen Kirchen Priester-Cardinal, Nationis Germanicae Protectori, Ertz-Bischofen zu Gran und des Heil. Römischen Reichs Fürsten, des (Heil. Ap. Stuhls) Stuhls zu Rom Legato nato etc., bleibet unverhalten:

Nachdem man in allen dreyen Reichs-Collegiis das am 26. May dieses Jahrs publice dictirte Kayserliche Commissions-Decret, womit Ihre Kayserliche Majestät Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs dasjenige nachrichtlich mitgetheilet, was die zu letzterer Extraordinari-Reichs-Visitation des Kayserlichen und Reichs-Cammer-Gerichts verordnet gewesene Kayserliche Commissarii und des Reichs Deputirte in verschiedenen Punctis schließlich abgehandelt und zum Theil zu weiterer Uberlegung ausgestellet, darüber Seine Kayserliche Majestät unter andern Punctis, und zwar

1. Die Vermehrung des Numeri Assessorum,

2. Die Verbesserung eines zeitlichen Cammer-Richters, Präsidenten und Assessoren Besoldung ein ferneres Reichs-Gutachten verlangten …

4. Was zu Bezahlung dieses Numeri der 25 Assessorum für ein beständiger richtiger Fundus, daraus die Mittel der erhöheten Salarien zu bestreiten, zu nehmen?

in behörige Deliberation gestellet, so ist … geschlossen, daß:

Ad primum, der Numerus Assessorum des Kayserlichen und Reichs-Cammer-Gerichts nach der Kayserlich- allergnädigsten Intention auf die Halbscheid der im Westphälischen Friedens-Schluß und jüngren Reichs-Abschied vorgeschriebener Assessorum, oder aus 25 Subjecta inclusive des Chur-Böhmisch- und Chur-Braunschweigischen fest zu stellen, biß man in dem Stand wäre, die Reichs-Satzungs-mäßige, völlige Anzahl der Beysitzer erfüllen zu können, und hätte das Cammer-Gericht nicht nur vor jetzo gleich die Anzahl der 25 Beysitzer, nachdeme die Praesentati und deren Relationes pro statu Assessorat-mäßig befunden worden, complet zu machen, sondern auch fürohin unterm Vorwand der nicht eingekommenen Zieler, (als welche von allen und jeden säumigen Ständen Reichs-Satzungsmäßig einzutreiben, und das Cammer-Gericht entweder, woran es hafftet, oder die Schuld sich selbst beyzumessen hat), keine Assessorat-Stelle eigenmächtig ledig und unbesetzt zu lassen. Damit man aber zu stattlichen, gelehrt- und gewissenhaft-, auch in Reichs- und Rechts-Sachen wohl-erfahrnen und geübten Männern gelangen möge, worauf eines Theils das Collegium Camerale in dem Examine bey deren Reception der Cammer-Gerichts-Ordnung

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 499. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_499.jpg&oldid=- (Version vom 30.11.2022)